Der CampNaNoWriMo 2017, das Projekt, dessen Name nicht genannt werden darf und warum man Kreativität nicht erzwingen sollte

In meinem letzten Blogartikel hatte ich angedeutet, entgegen meiner ursprünglichen Planung in diesem Camp-NaNoWriMo etwas für mich zu tun. Damals sagte ich zudem, dass ich kein abschließendes Wort darüber in diesem Blog verlieren werde, weil es euch, liebe Leser meiner Geschichten, nicht betrifft und damit hier fehl am Platze ist.

Aber irgendwie tut es das doch, und nach dem Facebook-Post eines meiner Lieblingsautoren, der gerade an der Vollendung des letzten Bandes seiner aktuellen Reihe laboriert und vor einem ähnlichen Dilemma steht, konnte ich meine Gedanken und (Schuld-)Gefühle zu diesem Thema endlich in Worte fassen.

In den vier Jahren, die ich meine Geschichten nun auf Fanfiktion.de veröffentliche, war ich mich meinen Zusagen immer zuverlässig. Noch im Winter habe ich euch versprochen, in diesem Camp meinen Headcanon um Akkarins und Lorlens Zeit als Novizen zu ergänzen, nachdem ich in meiner Schwarze-Sonnen-Trilogie schon zahlreiche Anspielungen und Rückblenden darauf gemacht hatte. Und ich hätte mich daran gehalten, weil ich stur genug bin, meine Pläne durchzuziehen und Versprechen einzuhalten und ich dies für das Vertrauen der Leser in mich wichtig halte.

Allerdings hatte ich in meinem Monatsrückblick zu März auch geschrieben, dass mich dieser krasse Alltag von Brotjob und Schreiben allmählich ausbrennt. Seit vier Jahren besteht meine Freizeit zu einem erschreckend großen Anteil aus Schreiben und allem, was dazu rundherum anfällt von der Überarbeitung bis hin zur regelmäßigen Kommunikation mit den Lesern und dem letzten Korrekturlesen eines Kapitels vor dem Hochladen. Ich mache alles davon gerne und halte es für wichtig, aber ich muss in diesem ganzen Wahnsinn auch auf mich achtgeben.

Wie schon im März geschrieben, tötet jedoch dieses Ausbrennen, diese Fixierung auf das Schreiben, meine Kreativität. Dazu kommt die Erkenntnis, dass ich nur noch zwei Bände meiner alternativen Fortsetzung zu schreiben habe und dann wird diese zu Ende sein. Und nein, die Handlung wird danach nicht noch weitergesponnen. Dann ist alles erzählt, was ich zu Akkarin und Sonea erzählen wollte und irgendwann muss auch einmal gut sein, zumal Themen sich auslutschen. Wenn ich dann im Black Magician Universum noch weiterschreibe, dann in Form von Prequels und Spin-Offs zu meinem Headcanon, und alternativen Szenarien, aber auf einem weniger exzessiven Level. Wenn ich mit dem letzten Band von „Das Erbe“ fertig bin, werde ich 12 Jahre an meiner Fortsetzung geschrieben haben. 12 Jahre, in denen Akkarin und Sonea zu meiner persönlichen Zuflucht geworden sind, in denen ich mit ihnen gelebt, geliebt und gelitten habe. Mit dem Ende dieser Zeitlinie geht gefühlt eine Langzeitbeziehung zu Ende. Ich würde vor einem Loch stehen, das schlimmer ist als jenes nach meiner Diplomarbeit, die ’nur’ ein Jahr gedauert hat (ja, ich bin so alt, ich habe noch auf Diplom studiert). Besser, ich fange jetzt schon an, diese Fixierung ein wenig aufzulösen, damit es mich in vier Jahren weniger hart trifft. (Ich habe früher nie verstanden, wieso jemand nach 35 Jahren im Job in Altersteilzeit anstatt direkt in Rente geht. Heute tue ich es.)

Durch meine Besessenheit von Black Magician ist über die Jahre einfach viel auf der Strecke geblieben. Ich habe Dinge nicht getan, die ich tun wollte, weil das Schreiben wichtiger war. Bücher nicht gelesen, die ich lesen wollte, oder wenn, dann habe ich Monate für ein einziges Buch gebraucht. Selbst wenn ich wie verbissen vor dem Dokument mit dem offenen Kapitel saß und an einer Stelle festhing, konnte ich mich oft nicht dazu überwinden, etwas anderes zu tun, um den Kopf freizubekommen, obwohl das bei kreativen Tätigkeiten so unglaublich wichtig ist.

Aber ich möchte andere Dinge tun, mein Herz verlangt danach. Ich möchte Bücher lesen, viele Bücher, mein Lesestapel zuhause wird immer größer. Ich möchte rausgehen und mich an der Natur erfreuen, auf Konzerte gehen, fotografieren, vielleicht andere kreative Dinge und Sportarten ausprobieren. Und so vieles andere, was ich gerne einmal ausprobieren möchte. Oft will ich, kann mich jedoch nicht vom Schreibtisch lösen. Mein derzeitiger Uploadrhythmus ist so gewählt, dass zum nächsten Band keine allzu lange Wartezeit entsteht, aber das bedeutet nicht, dass ich trödeln kann. Und damit mache ich mir selbst wieder Druck, der meiner Kreativität entgegen wirkt. Wenn es an einem Tag nicht läuft, würde ich nicht viel Zeit verlieren, wenn ich anstatt Black Magician Fanfiction zu schreiben, etwas anderes tue. Jedes Mal, wenn es mir gelingt und ich mich für eine Weile löse, läuft es danach umso besser. Es gelingt mir nur viel zu selten.

Schreiben ist ein kreativer Prozess, und dass die Finger nur so über die Tasten fliegen, kann nur geschehen, wenn man das, für das man brennt, freilässt. Kreativität ist wie eine Brennstoffzelle, die leer wird, wenn man sie nicht regelmäßig auffüllt. Macht man trotzdem weiter, geht es irgendwann an die eigene Substanz so wie bei einem Magier, der sich erschöpft hat. Während der vergangenen zwei bis drei Jahre war ich viel zu knapp davor auszubrennen. Ich kann nicht kreativ sein, wenn ich mich auf eine Sache verbeiße und nichts anderes mehr mache. Wenn ich nur noch für diese eine Sache existiere, anstatt zu leben.

Deswegen habe ich in diesem Camp keine Black Magician Fanfiction geschrieben. Ich habe etwas geschrieben, was mir auf der Seele gebrannt hat und mir persönlich sehr viel bedeutet. Denn das ist auch eine Folge des kreativen Prozesses. Ideen müssen raus. Ohne meine Lektüre der Lightbringer-Bücher im vergangenen Winter wäre es nicht dazu gekommen, weil diese in mir eine nie geahnte Begeisterung ausgelöst haben, die ich in dieser Form nicht mal in der Anfangszeit mit Black Magician verspürt habe. Ich weiß zwar schon lange, dass es tausendmal bessere Bücher als Black Magician gibt und dass andere Autoren sehr viel besser sind, als Canavan, aber das hat irgendwie ins Herz getroffen. Und ohne jetzt lange über die Genialität von Lightbringer zu schwärmen, wurde dadurch ein Prozess in Gang gesetzt, gegen den ich mich anfangs heftigst gewehrt habe, weil ich ein sehr monogamer Mensch bin, der aber letztendlich etwas Wunderbares bewirkt hat. Ich war endlich in der Lage, mich ein Stück von Akkarin und Sonea zu lösen. Es ändert nichts an meiner Liebe zu diesen Charakteren, es ist vielmehr so, dass ich mich dadurch als Mensch und als Autor weiterentwickelt habe (was sich letztendlich wieder auf meine Fanfictions auswirken wird, weil sie frischen Wind bekommen).

Das Camp erschien mir dazu der passende Zeitpunkt etwas zu ändern, nachdem die ich die Jahre davor jeden Juli einen Tag meiner Schwarze-Sonnen-Trilogie geschrieben habe. Auch dieses Mal war es eine wundervolle und intensive Zeit – keine (selbstauferlegten) Verpflichtungen, keine Erwartungen, die es zu erfüllen gilt, nur ich und das Textdokument. Tatsächlich begann diese Zeit schon sechs Wochen zuvor in meinem Urlaub, weil „The Project which may not be named“ eine gewisse Vorarbeit erfordert hat. Zudem habe ich auf Englisch geschrieben, was ich bis jetzt nur bei wissenschaftlichen Texten an der Uni getan habe, was wiederum schon Jahre zurückliegt. Am Anfang lief es recht holprig, weswegen ich mich fast den kompletten Juni eingeschrieben und ca. 1/5 des Gesamttextes niedergeschrieben habe. Weil ich fast nur noch auf Englisch lese, war die Wahl der Sprache jedoch naheliegend. Man sucht sich seine Herausforderungen eben selbst.

Stats for „The Project which may not be named“

(Die Lightbringer-Bücher mussten über diese Zeit übrigens ins Exil, weil ich nach der ersten Woche ganz kurz davor war, mir mit einem erneuten Re-read das komplette Camp zu ruinieren.)

Zum Inhalt von „The Project which may not be named“ möchte ich mich jenseits der Beschreibung auf der Camp-Seite nicht äußern, weil es nichts mit meinen Geschichten zu tun hat und schon allein auf Grund der Sprache niemals auf Fanfiktion.de erscheinen wird. Was am Ende dabei rauskam, ist 200k lang, davon ca. 160k im Camp selbst geschrieben, was ich angesichts der Sprache so nicht erwartet hätte (normalerweise schreibe ich im Juli so um 180-200k auf Deutsch).

Alles rund um „The Project which may not be named“

Ich bin unglaublich froh, das getan zu haben. Denn es hat Blockaden gelöst und meinen Horizont erweitert. Es hat sich gut angefühlt, wirklich nur für mich zu schreiben. Zwar tue ich das auch bei meinem Black Magician Fanfictions, aber da ich diese im Internet veröffentliche, verspüre ich zwangläufig eine Erwartungshaltung der Leser, der meine Geschichte unter Umständen nicht gerecht wird, weil ich es mir beim Schreiben zu allererst recht machen muss, damit es gut werden kann. Natürlich will ich auch, dass möglichst viele Leser meine Geschichten mögen, jeder Autor will das. Aber ich schreibe nicht, was sie vielleicht gerne lesen würden, sondern was ich gerne lesen will. Und das ist nicht immer dasselbe. Diese Diskrepanz baut, und das lässt sich nun einmal nicht verhindern, einen unterschwelligen Druck auf, dem ich für eine Weile entkommen musste.

Und hier geht es mir wie meinem Lieblingsautor. Ich verspüre Schuldgefühle, weil ich mein Wort gebrochen habe. Weil eine böse Stimme in meinem Kopf mir einzureden versucht, dass meine Leser von mir erwarten, nichts anderes außer meinen Fanfictions zu schreiben und ich bitteschön auch sonst keine Freizeit haben darf, damit sie weiter brav ihre Kapitel bekommen, die sie dann innerhalb einer Stunde weginhalieren könnten. Ich habe das Camp trotz der Schuldgefühle durchgezogen und versucht, sie niederzukämpfen, weil es für mich wichtig ist, keine zu haben, aber die Stimme war trotzdem manchmal da. Es fühlt sich an, als hätte ich euch Leser enttäuscht oder vor den Kopf gestoßen. Und eigentlich ist es albern, weil ich gegenüber euch keine Verpflichtungen habe, außer denen, die ich mir selbst auferlege. Sobald man seine Geschichten mit anderen teilt, gerät man in eine Symbiose, die von gegenseitigen Erwartungshaltungen und daraus resultierendem Freude und Leid geprägt ist. Im Ideal profitieren Autor und Leser von diesem Verhältnis und dem dabei entstehenden Austausch, aber es kann auch verdammt schnell nach hinten losgehen.

Die böse Stimme kommt nicht von ungefähr. Sobald man eine Fanbase hat, erlebt man leider auch die andere Seite. Leser, die nur einfordern, und unverschämt werden, wenn das nächste Kapitel wie wie erwartet kommt, ihnen die Uploadintervalle nicht passen, die Fortsetzung nicht früh genug da ist oder sie am liebsten alles auf einmal hätten, aber ansonsten nicht einmal ein einfaches „Danke“ für die Leistung des Autors übrig haben. Hatte ich alles schon. Und ja, ich warte auch auf Bücher. Ich warte seit fünf Jahren auf „The Winds of Winter“, seit einem Jahr auf Teil 3 von „The Ember Series“ und ich drehe seit einem halben Jahr durch, weil der Termin für „Lightbringer 5“ noch in den Sternen steht und ich das Ende der Reihe zugleich mehr fürchte als alles andere. Aber es würde mir niemals einfallen, diesen Autoren zu sagen, dass sie gefälligst schneller schreiben sollen oder keine Bücher lesen und rezensieren, Computerspiele spielen, sich für wilde Wölfe einsetzen, Serien produzieren oder – oh mein Gott! – andere Bücher schreiben dürfen, weil sie an den Schreibtisch gefesselt gehören, bis das heißersehnte Buch fertig ist. Das finde ich unverschämt und respektlos.

Kreativität funktioniert nicht, indem man an seinen Schreibtisch gefesselt bis zum bitteren Ende schreibt. Kreativität funktioniert, wenn man loslässt.

Und ganz ehrlich? Ich als Leser warte lieber länger, als eine dahingeschluderte, schlecht lektorierte Story zu lesen. Dann ist die Enttäuschung umso größer. Und da ich den schmerzhaften Prozess des Schreibens oft genug am eigenen Leib erfahre, wenn ich über meinem Plot verzweifele oder über Wochen nur ein paar hundert leblose Worte pro Tag schreibe, weiß ich auch, warum.

Und deswegen bin ich dieses Camp von meinem üblichen Muster abgewichen und werde es im nächsten Sommer vermutlich wieder tun. Weil Kreativität Zeit und Raum braucht, um sich zu entfalten, weil mir meine Gesundheit wichtig ist und es dazu beiträgt, dass ich in vier Jahren nicht vor einer riesengroßen Leere stehe.

Und davon profitiert ihr Leser auch, wenn auch auf Umwegen.

Die Geschichte mit Lorlen und Akkarin als Novizen ist nicht gecancelt, dafür will ich sie zu sehr schreiben. Ich kann nur im Augenblick nicht sagen, wann es soweit sein wird.

Black Magician Fanfiction zu schreiben, ist meine große Leidenschaft. Und ich möchte, dass es das bleibt. In den letzten Jahren war es jedoch auch viel zu häufig zu einem zu großen Anteil Arbeit und Pflicht.

Jetzt freue ich mich, im Spätsommer/Frühherbst mit Teil 2 von „Das Erbe“ zu beginnen. Abgesehen von der groben Hauptstoryline, die seit Jahren in meinem Kopf existiert, hatte ich beim Schreiben der letzten Kapitel der „Königsmörderin“ einige Ideen, die ebenfalls mit einfließen werden. Und sogar Lightbringer wird darin einfließen. Aber keine Angst, es wird kein seltsames Crossover oder wieder ein Charakter, der dieses Mal bewusst an eine Figur aus Lightbringer angelehnt ist und nicht nachträglich dazu gemacht wurde, weil der Name so schön passte. Nein, es wird hin und wieder von einem elynischen Autor namens Brennini und seiner neusten Reihe „Die Abenteuer des Gayend von Gallene“ die Rede sein. Akkarin tut mir jetzt schon leid.

(2) Kommentare

  1. sagt:

    Liebe Sonea,

    auch wenn mir die Welt der Fanfictions nahezu unbekannt ist, kann ich dir nur zustimmen. Ich merke gerade selbst wieder, wie enorm der Druck ist, der auf mir lastet. Ob real oder nur in meinem Kopf. Allein das Gefühl, die Menschen erwarten nun endlich was von mir, nachdem ich auch im letzten Jahr den Ratgeber zur Schreibroutine veröffentlicht habe – und seit genau dieser Veröffentlichung keine Schreibroutine vorweisen kann *seufz*
    Ich hoffe, ich kann irgendwie lernen, mit diesem Druck umzugehen und vielleicht schreibe ich, genauso wie du, auch erstmal etwas nur für mich 🙂

    Ganz liebe Grüße und alles Gute

    Tinka 🙂

    1. sagt:

      Vielen Dank für deinen Kommentar, liebe Tinka!

      Ich glaube, davon ist man nicht gefeit, egal was man schreibt. Der Erwartungsdruck ist da, sobald man etwas veröffentlicht hat. Unabhängig davon, was die Leser wirklich erwarten, sieht man sich plötzlich auch in der Verpflichtung, sie irgendwie bei der Stange zu halten und vergisst darüber auf sich zu achten.

      Ich wünsche dir, dass dir das gelingt und du einen Weg findest, dieses Problem für dich zu lösen 🙂

      Liebe Grüße,
      Sonea

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