Der NaNoWriMo 2017 – Von Schreibwahnsinn mit Hindernissen, Turteltauben und badassigen Hauptcharakteren

Der Dezember ist schon wieder zur Hälfte um und ich habe es leider nicht früher geschafft, den Bericht zum NaNoWriMo zu schreiben. Kaum, dass die Wohnung weihnachtlich geschmückt war, die Reviews aufgeholt waren und der nächste Schreibmeer-Artikel (kommt übrigens am 20.) im Lektorat war, hat mich meine erste Grippe dahingerafft.

Jetzt versuche ich den ganzen Monat mitsamt der Vorbereitung, zu der ich keinen Artikel mehr geschafft hatte, noch einmal zusammenzukriegen.

Der Vornovember – NaNoPrep mit Hindernissen

Anfang Oktober entdeckte ich diesen großartigen Goal-Tracker auf der NaNo-Seite und setzte diesen in voller Überzeugung auf 100k, um mich in ’Das Erbe 2’ einzuschreiben (siehe dazu auch diesen Artikel). Schließlich hatte ich die zweite Monatshälfte Urlaub und ich weiß, was ich in einer solchen Zeit schaffen kann. Ich war überzeugt, mindestens 120-150k zu schreiben, am Ende habe ich die letzten 900 fehlenden Wörter am Abend des 31. geschrieben, weil mehrere Dinge mir einen Strich durch die Rechnung gemacht haben, die vorab nicht abzusehen waren.

Der Goal Tracker hat sich als überaus nützlich erweisen. Zum ersten Mal konnte ich mein Schreibverhalten außerhalb der Schreibcamps genauer analysieren, wie z.B. daraufhin wie viel ich in einer stressigen Zeit überhaupt zum Schreiben komme. Vor einem Urlaub ist immer viel zu tun, sowohl beruflich, als in Bezug auch Dinge, die ich im Urlaub nicht machen will, wie Schreibmeer- und Blogartikel schreiben, Kapitel vorbereiten etc. Als mein Urlaub begann, lag ich somit bei meinem vorgenommenen Schreibpensum weit zurück. Erst am Ende der ersten Urlaubswoche hatte ich den Rückstand aufgeholt. Aber selbst danach habe ich keinen nennenswerten Vorsprung ausgebaut, der mich über die 100k gebracht hätte.

Das klingt wahrscheinlich, als hätte ich mich mit diesem Goal Tracker fürchterlich unter Druck gesetzt. Tatsächlich habe ich das gar nicht. Oft habe ich erst am späten Vormittag mit Schreiben angefangen, nachdem ich beim Sport gewesen war und diverse Dinge erledigt hatte. Nachmittags unternahm ich zudem regelmäßig Spaziergänge, um meine Gedanken zu ordnen. Dazu kam, dass ich auch den Oktober über gesundheitlich etwas angeschlagen war. Um im November wie immer eskalieren zu können, habe ich es daher gemütlich angehen lassen.

Darüber konnte ich leider nicht alle Lücken in der Storyline schließen. Der grobe Ablauf von ’Das Erbe 2’ war mir schon lange bekannt; als ich im September offiziell mit Schreiben anfing, kamen weitere Ideen hinzu. An vielen Stellen wusste ich in der zweiten Oktoberhälfte jedoch noch immer nicht, wie die Charaktere von Ereignis A nach Ereignis B kommen. Auch das klingt auf den ersten Blick dramatisch, doch dann wurde mir klar, dass ich mich viel zu sehr unter Druck setze. Bei sämtlichen Bänden meiner Fortsetzung war es ähnlich. Eine Storyline zu erstellen, um die ganzen Ideen zu ordnen und sich im NaNo daran entlangzuhangeln und darüber weitere Ideen zu bekommen, ist gut und nützlich. Letztendlich bin ich jedoch Discovery Writer. Viele Probleme lösen sich erst beim Schreiben, wenn ich sehe, wie sich meine Ideen zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Angesichts des Umfangs, den ein ’Band’ meiner Fortsetzung hat, ist es faktisch unmöglich, jede Entwicklung vorab zu kennen. Ich weiß nicht einmal, woher diese große Unsicherheit und diese extremen Ansprüche so plötzlich kamen. Wieso soll auf einmal nicht mehr funktionieren, was in den vorherigen vier Bänden funktioniert hat? Weil ich im Sommer eine komplexe 200k-Story vor dem Schreiben durchgeplottet habe, damit ich sie im Juli-Camp runterschreiben kann? Was bei 200k funktioniert, lässt sich nicht auf ein Werk von 800k anwenden, aber manchmal bin ich etwas komisch.

Kurz vor dem letzten Wochenende überfiel mich meine Motivation regelrecht. Ich hätte noch ein paar Tage richtig viel schreiben können, wäre da nicht diese Badfic-Idee mit einem Dark Lorlen gewesen, die ganz dringend raus musste. Zwei Tage lang schrieb ich daran wie besessen und hatte am Ende ca. 20k, die ich dem Goal Tracker aus Prinzip nicht hinzufügen wollte.

Das Schreiben von Badfics vor einem NaNo hilft mir, die Hirnwindungen freizupusten. Und so ging ich am Ende mit der Einstellung in den November, genug Material zu haben, um das Grundgerüst zu schreiben. 2015 habe ich es mit der ’Königsmörderin’ genauso gehalten. Heute wie damals hatte ich die Hintergrundstory nur in groben Zügen, ein Jahr später hat sich dann alles in zahlreichen Aha-Momenten zusammengefügt.

30 Tage Schreibwahnsinn

Traditionsgemäß war Tag 1 ein Schreibmarathon. Und traditionsgemäß habe ich um Mitternacht mit einer Sexszene reingeschrieben. Ähnlich wie Badfic schreiben pustet das die Hirnwindungen frei. Hinterher stellte sich heraus, dass die Szene zu lang war, dass es noch in der Nacht zur Sache gekommen wäre (den spannenden Teil habe ich dann in der letzten Woche geschrieben, als ich spontan darauf Lust hatte). Nach sechs Stunden Schlaf habe ich weiter geschrieben und hatte am späten Nachmittag die ersten 12k, woraufhin ich zum Sport gefahren bin. Später am Abend hatte ich dann die 15k voll. Mein Ziel waren eigentlich wieder die 14k vom letzten Jahr, aber die nächsten 1000 Wörter gingen wie von selbst von der Hand.

Aus den 50k in fünf Tagen, an denen ich mich dieses Jahr versucht habe – immerhin waren mit dem Feiertag und dem Wochenende davon drei Tage frei – wurden 50k in fünf Tagen plus eine Mittagspause. Mein sonntagsabendliches Koch- und DVD-Date abzusagen kam nicht in Frage. Wer lange am Stück schreibt, braucht auch kreative Pausen. Ich neige zwar dazu, während der Schreibcamps zu eskalieren, aber das bedeutet nicht, dass ich ohne Sinn und Verstand, Wörter runtertippe. Die Leute fragen mich oft, wie ich es schaffe, so viel zu schreiben. Tatsächlich schreibe ich gar nicht schnell, ich schreibe nur lange. Nur, wenn ich wirklich gut drauf bin, schaffe ich in einem 30-minütigen Wordwar 1000+ Wörter. Meistens liege ich bei 600-800. Während ich schreibe, korrigiere ich und denke darüber nach, was die Charaktere wie sagen. Wenn mir grässliche Formulierungen ins Auge springen, ändere ich diese, weil ich mich nicht verlasse, dass es mir in einer längeren Überarbeitungssession auffällt. Mein Geheimnis ist nichts als gutes Zeitmanagement und absolute Begeisterung für meine Geschichten.

Am zweiten Wochenende entdeckte ich einstündige Wordwars für mich, was dazu führte, dass ich über zwei Wochen dem NaNo-Forum weitgehend fernblieb, sofern ich nicht die neusten Eskapaden meiner beiden Turteltauben im Shipping-Thread gepostet habe. (Das sind zwei Charaktere, die sich in einer Nebenstory ineinander verlieben und ich war beim Schreiben total in dieses Pairing verliebt.) Ich war nur noch auf der Seite, um den Timer für Wordsprints auf 60 Minuten zu setzen und meinen Wordcount zu updaten. Erst, als die 60 Minuten nicht mehr für mich funktionierten, habe ich mich wieder im Wordwar-Thread herumgetrieben. Und warum auch immer funktionierten auf einmal 30-minütige Wordwars.

Mein persönliches Ziel waren 200k – ein Wert, den ich im NaNo locker schaffe, wenn ich auf Deutsch schreibe. Tatsächlich knackte ich diese Marke am letzten Sonntag irgendwann gegen Mittag. Was danach kam, war Bonus. Die 225k vom Vorjahr waren eine gute Motivation für die letzten Tage, an denen bei mir häufig die Luft raus ist, weil ich mein ganzes Pulver dann schon verschossen habe. Für den Endspurt habe ich mir daher Szenen rausgepickt, die ich unbedingt noch schreiben wollte und bin am letzten Tag noch einmal mit mehr als 8k eskaliert, so dass ich um 22:30 den NaNo mit 230k abschließen konnte.

Mit Ideenflashs und weniger Müdigkeit hätte ich sicher noch mehr schreiben können. Aber ich gehöre nicht zu den Menschen, die auf Teufel komm raus schreiben, nur um einen bestimmten Wordcount zu erreichen. Wenn mir die Augen zufallen, gehe ich ins Bett und mache am nächsten Tag ausgeruht weiter. Wenn ich eine Szene schreibe, die sehr viel Denkarbeit erfordert, schreibe ich langsamer. Wenn meine Katzen gestreichelt werden wollen, werden sie gestreichelt. An einem Abend war ich auf einem Metal-Konzert, an einem anderen Tag hatte der wichtigste Mensch in meinem Leben Geburtstag. Kreative Denkpausen sind eben wichtig.

Was in „Das Erbe 2“ passiert

Weil ich auch den November über nicht allzu fit war und die Arbeit wider Erwarten etwas stressiger ausfiel, blieben Ideenflashs weitgehend aus, so dass ich mich darauf beschränkt habe, das zu schreiben, was ich bereits zusammengetragen hatte. Trotzdem kann ich euch ein wenig davon erzählen, was in ’Das Erbe 2’ so passiert.

Aus Spoilergründen kann ich leider nicht viele Details geben. Denn damit würde ich euch die ’Königsmörderin’ gleich mit spoilern. Folgendes kann ich jedoch sagen:

  • Zwei Charaktere finden eine neue Liebe und in beiden Fällen ist das mit Irrungen, Wirrungen und Drama verbunden. Darunter sind die beiden Turteltauben, über die ich so viele Textausschnitte auf meiner Facebook-Seite und im Shipping-Thread gepostet habe, weil ich so hin und weg von den beiden war. Aber keine Sorge, das ist nur eine Sidestory.

  • Mehrere Charaktere werden teils brutal aus ihrer Wohlfühlzone gerissen.

  • Akkarin und Sonea bekommen die Chance, so richtig badass zu sein und haben dafür jeden Grund.

  • Mehrere Charaktere werden so sehr tief fallen.

  • Es gibt eine Intrige, die das Potential hat, richtig üble Konsequenzen nach sich zu ziehen, und an dieser ist jemand mitbeteiligt, von dem man es am wenigsten erwartet, was der Geschichte den Arbeitstitel ’Der heimliche Feind’ eingehandelt hat. Ganz glücklich bin ich mit diesem Titel jedoch nicht und ich gehe davon aus, dass er sich noch ändern wird.

  • Es geht unter anderem um die Frage, was passiert, wenn man einmal gemachte Fehler wiederholt und wie man diesen Teufelskreis durchbrechen kann.

Über das Hauptthema, das vor allem die Intrige und unsere beiden Lieblingsmagier betrifft, habe ich neben dem Schreiben ziemlich ausführlich mit einer Freundin und Leserin diskutiert, weil ich eine zweite Meinung brauchte. Leser meines Vertrauens mit halbgaren Ideen zu spoilern, gehört zu den Dingen, die ich eigentlich nur sehr ungern tue. Am Ende hat es sich als gut herausgestellt und mir ein paar gute Denkanstöße gegeben, in welche Richtung ich die Handlung noch weiter ausbauen kann.

Kleine Textauszüge aus der Rohfassung findet ihr übrigens in den November-Posts auf meiner Facebook-Seite. Natürlich alle spoilerfrei.

Wenn die Prota rebelliert, dann darf ich das auch

Am letzten Freitag im November habe ich abends bei einer Flasche Wein etwas getan, das ich weder in den NaNoWriMos noch in den Camps bisher getan habe. Ich habe rebelliert und eine Szene aus „The Project which may not be named 2“ geschrieben. Die Szene spukte schon seit einer Weile in meinem Kopf herum, mit einem Mal schrie sie regelrecht danach, geschrieben zu werden.

Und da alles nur, weil ich einen Film entdeckt hatte, dessen Hauptcharakter mich in einigen Aspekten seiner Badassigkeit ziemlich heftig an den Hauptcharakter aus jener Story erinnert, und mein inneres Fangirl deswegen keine Ruhe geben wollte. Ein Fangirl muss eben seinem Herzen folgen. Und ganz rebellisch habe ich Szene (irgendwas um die 3k) meinem Wordcount hinzugefügt.

Wie sich herausstellte, war das die richtige Entscheidung. Es hat verdammt gutgetan, wieder auf Englisch zu schreiben und dabei ein wenig zu fangirlen. Irgendwie hat auch das Gehirnwindungen freigepustet, denn an jenem Wochenende bin ich schreibtechnisch noch einmal eskaliert. Den Film habe ich übrigens als Belohnung am 1. Dezember geschaut und es war Liebe auf den ersten Blick.

Und die Quintessenz aus alldem?

Traditionsgemäß hält jeder NaNo – ausgenommen der Überarbeitungscamps im April – eine Herausforderung für mich bereit. Dieses Mal war ich einfach nicht fit, obwohl ich mir irgendwann im Frühjahr vorgenommen hatte, den Stress ein wenig runterzufahren. Da wusste ich jedoch noch nicht, welche Dimensionen „The Project which may not be named“ annehmen würde und was das mit mir macht.

Trotzdem habe ich etwas geschaffen, worauf ich stolz sein kann. Die halbe Rohfassung von „Das Erbe 2“ ist geschrieben und das Grundgerüst der Handlung steht. Zähle ich meinen Urlaub mit, so habe ich mich mehr als sechs Wochen intensiv mit der Story beschäftigt und dadurch eine in sich konsistente und in meinen Augen aufregende Rahmenhandlung geschaffen. Und das ist der Grund, warum ich im NaNo so eskaliere. Weil ich mein Leben einen Monat lang so gut aufs Schreiben ausrichte, wie es mir möglich ist, und damit viel Zeit mit meiner Geschichte verbringe und geistig möglichst wenig aus ihr herausgerissen werde. Gerade bei komplexen Geschichten ist das wichtig, um Zusammenhänge besser zu erkennen und inhaltliche Konsistenz zu schaffen.

Wahrscheinlich werde ich dennoch einige Stellen anpassen müssen, wenn ich nächstes Jahr im Herbst/Winter den Rest schreibe. Bis dahin wird die Story ruhen. In dieser Zeit werden sich Ideen verändern, so wie ich dann sehen werde, was sich beim Schreiben selbst verändert hat. Darüber entstehen verschiedene Varianten, wie ich die Handlung entwickeln kann, was ich als sehr spannend empfinde.

Die nächsten Monate bin ich jedoch mit dem Korrekturlesen der ’Königsmörderin’ beschäftigt, danach wird ’The Project which may not be named’ gründlich überarbeitet und Teil 2 geschrieben. Ab dem Spätsommer 2018 werde ich ’Das Erbe 2’ wieder hervorkramen, das bereits Geschriebene überarbeiten und dann mit vielen neuen Eindrücken und Ideen den Rest schreiben. Der Zeitrahmen ist dieses Mal relativ locker gesteckt, so dass ich zuversichtlich bin, das alles mit der Ruhe anzugehen, die die Projekte verdienen.

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