Der Wahnsinn geht in die letzte Runde – Schreibcamp und „Das Erbe 3“

Morgen ist es endlich wieder soweit, der nächste CampNaNoWriMo geht los. Wie schon in meinen letzten Blogartikeln angekündigt, werde ich mit „Das Erbe 3“ teilnehmen. Ich freue mich unglaublich auf diese Geschichte und zugleich wird mein Herz schwer, weil es der letzte Teil meiner alternativen Fortsetzung der schwarzen Magier ist. Dabei tröstet es mich jedoch ein wenig, dass es weit mehr als ein Schreibcamp braucht, um die Rohfassung komplett zu schreiben. Wenn es gut läuft, werde ich die ersten 180-200k schaffen, also ca. 25-30% des kompletten Teils.

Was bisher geschah

Während der zweiten Hälfte meines Schreiburlaubs im Juni habe ich eine Storyline ausgearbeitet, die dann doch länger und detaillierter wurde, als ich dachte, weil eine Idee die nächste gejagt hat – ein Zustand, in den ich momentan leider nur komme, wenn ich ganz ungestört über einen längeren Zeitraum meiner Obsession nachgehen kann. Es gibt einfach zu viele andere Dinge, die mich seit Monaten beschäftigen. An meiner Todo-Liste von Teil 2 habe ich während meines Urlaubs anders als geplant daher fast gar nicht gearbeitet, weil ich mich nicht ablenken lassen wollte. Um wirklich komplett anzutauchen, habe ich ablenkende Webseiten geblockt oder meinen Router über Stunden ausgeschaltet.

Bis kurz vor dem großen Finale ist der Plot nun umfangreicher und vollständiger als ich erwartet habe, wobei das Ende selbst wieder weitgehend konkret ist. An diesem Punkt habe ich aufgehört und mich darum gekümmert, Kontinuitätsbrüche aufzuräumen, die durch das Hin und Herschieben meiner Szenen entstanden, als ich feststellte, dass ein ganz wichtiges Ereignis viel zu früh geschieht. Das liefert mir Stoff für 35 Kapitel (ich rechne mit 10 bis 15 weiteren Kapiteln für das Finale), wobei vor allem die Nebenhandlungen noch Lücken haben, was auch gut so ist. Zum Ende meines Urlaubs hin musste ich mich in meiner Begeisterung regelrecht bremsen, weil ich noch Spielraum für natürliche Entwicklung von Handlung und Charakteren haben wollte. Denn eigentlich bin ich ja kein Plotter, ich muss nur irgendwie Herr über meine ganzen Ideen werden, bevor sie wieder im Nirvana meiner geistigen Umnachtung oder der ersten Arbeitswoche verschwinden.

An der Todo-Liste von „Das Erbe 2“ habe ich dafür während der ersten Arbeitswoche gearbeitet. Durch Arbeit und Hitze hat sich das gut mit meiner geschrumpften Aufmerksamkeitsspanne vertragen. Allerdings bin ich nicht so weit gekommen, wie ich gehofft habe. An zwei Tagen habe ich fast gar nichts gemacht, weil es zu heiß war und andere Dinge mich umgetrieben haben. Und auch das Wochenende war noch ein wenig mehr Todo-Liste als erwartet. Aber heute – heute geht das Einschreiben los.

Hatte ich schon erwähnt, dass ich mich unglaublich auf „Das Erbe 3“ freue? Falls ja, ich kann es nicht oft genug sagen. So viele Ideen, die ich großartig finde und die ich für gut miteinander verknüpft halte, weil ich eine Woche lang (fast) nichts anderes getan habe, als diese Ideen in eine Storyline zu bringen und weiterzuentwickeln. Es gibt eine Intrige, es gibt Drama und Charaktere, die leiden müssen. Darauf kann ich einfach nicht verzichten. Es gibt neue Charakterkonstellationen und einen neuen Erzählcharakter, den man jedoch als Nebencharakter aus früheren Teilen kennt. Oh, und relativ zu Beginn hole ich die Sense raus und was dann passiert, bringt die Ereignisse ins Rollen.

Wenn Charaktere mich überraschen

Für gewöhnlich passiert das beim Schreiben. Während meines Urlaubs war ich jedoch so in der Welt drin und das Gesamtkonzept von „Das Erbe 3“ war so präsent in meinem Kopf, dass es fast so war, als würde ich tatsächlich schreiben, wodurch die Charaktere ein Eigenleben entwickelt haben. So hat ein Charakter sich als schwul herausgestellt, und nachdem er in „Das Erbe 2“ eine Bemerkung über Schwule gemacht hat, die zwar nicht böse, aber ein klein wenig unsensibel war, finde ich, dass ihm das recht geschieht. Ja, da spricht wieder die böse Autorin aus mir. Und tatsächlich klingt das jetzt böser als es ist, weil ich die Storyline, die ich mir für ihn jenseits der Haupthandlung ausgedacht habe, sehr liebenswert finde.

Ein anderer Charakter – und das ist super spannend und ärgerlich zugleich (warum, dazu komme ich gleich) – hat sich als autistisch herausgestellt. Um genau zu sein geht es um Asperger-Autismus Ich habe es während meiner Arbeit an „Das Erbe 2“ während der letzten Wochen schon vermutet, als dieser Charakter die Möglichkeit bekommt, seine Leidenschaft auf sehr kreative Weise so einzusetzen, dass es einen wesentlichen Beitrag zur Lösung des übergeordneten Konflikts liefert. Beim Brainstorming für „Das Erbe 3“ gab es jedoch keinen Zweifel mehr. Und so spannend das ist, ärgere ich mich, weil es mir erst so spät auffällt, weil es die ganze Zeit schon da war. Man kann nicht über ein Thema schreiben, mit dem man sich noch nicht beschäftigt hat. Diese Offenbarung bedeutet allerdings auch, dass ich in allen bereits geschriebenen Teilen meiner alternativen Fortsetzung sämtliche Auftritte dieses Charakters anpassen muss, wobei ich versuchen werde, sowohl die Vorteile und die Begabung als auch die Nachteile herauszuarbeiten. Während das in „Das Erbe“ noch möglich ist, da Teil 1 erst im August startet und die fertigen Kapitel sowieso noch ein letztes Mal vor dem Hochladen durchkorrigiere, stellt mich das in Bezug auf „Die Bürde“ vor die Unerfreulichkeit, eine Überarbeitung vorzunehmen, für die ich eigentlich überhaupt keine Zeit habe. Aber da es für mich jetzt kein Zurück mehr gibt, weil sich dieser Charakter nun für mich so viel stimmiger anfühlt und ich ein Faible für diverse Charaktere habe, werde ich das spätestens um Weihnachten herum durchziehen.

Das Risiko, damit etwas zu ruinieren, halte ich für sehr gering, da ich diesen Charakter ohne es zu wissen schon entsprechend so konstruiert habe, dass ich vorwiegend kleine Anpassungen in Verhalten und Denkweise vornehmen muss. Die Lebenssituation dieses Charakters in „Die Bürde“ kommt mir dabei zum Glück sehr entgegen. Tatsächlich glaube ich, dass die Story von einem besser durchdachten und besser ausgearbeiteten Charakter profitieren wird.

Trotz der zusätzlichen Arbeit, die diese Offenbarung mit sich bringt, freue ich mich auch darauf sehr. Meine Charaktere geraten wie von selbst divers und dann habe ich jetzt neben LGBTQ eben auch noch neurodivers. Ich finde das Thema unglaublich spannend und deswegen, und weil darüber so unglaublich viel Unsinn kursiert, will ich darüber schreiben.

Ich habe übrigens absichtlich verallgemeinert, wir wollen ja nichts verraten. Was jedoch nicht bedeutet, dass ihr nicht spekulieren dürft 😉

Politischer Themenschwerpunkt

Noch mehr als die diversen Charaktere liegt mir dieses Thema am Herzen, denn es betrifft uns alle. Wie auch Teil 1 und 2 hat auch „Das Erbe 3“ wieder Bezug zu aktuellen politischen Themen. In diesem Fall geht es um die globale Katastrophe, auf die wir sehenden Auges zurasen. Ironischerweise habe ich dazu in „Das Erbe 2“ den Weg bereitet, wo sich wiederholende Geschichte und die Rückkehr zu veralteten Denkmustern, eine Rolle spielen (siehe dazu auch meinen letzten Blogartikel).

Und jetzt bitte keine Angst. Kyralia steht keine Klimakatastrophe bevor. So spannend die naturwissenschaftlichen Aspekte sind, passen sie nicht in mein Konzept. Ich greife vielmehr die Themen auf, die um dieses Thema herumgeistern und unabdingbar damit verknüpft sind wie Verleugnungsmechanismen (wird schon nicht so schlimm, hoffen auf Science Fiction Technologie als Rettung, es auf die anderen schieben, der Markt wird das schon regeln), Diskussionen die schlichtweg am Thema vorbeigehen und so absurd sind, dass man lachen würde, wenn es nicht so sehr zum weinen wäre(aber die Arbeitsplätze in Sektor X, die Wirtschaft darf auf keinen Fall leiden), Bequemlichkeit und die mangelnde Bereitschaft etwas zu ändern. Und noch jede Menge andere Themen. Oh, dieses Thema ist auch gesellschaftlich so komplex, dass ich mich mit meiner Kritik in Finale meiner alternativen Fortsetzung regelrecht austoben kann. Dabei wird es gewiss jede Menge schwarzen Humor regnen, aber ich hoffe, auch die Tragik deutlich machen zu können. Mir ist bewusst, dass bis „Das Erbe 3“ in ein paar Jahren online geht, wir so tief drin stecken, dass vermutlich niemand mehr die Augen davor verschließen kann – ich glaube, ich fand es im Zusammenhang mit „Das Erbe 3“ reizvoll, das zugrundeliegende Szenario umzukehren, weil die Welt der schwarzen  Magier sich dazu sehr gut anbietet. In Fantasybüchern, Endzeitfilmen etc. ist es oft so, dass sich die Menschen angesichts des drohenden Weltuntergangs zusammentun, ihre Differenzen überwinden, zur Vernunft kommen und alles tun, um die Katastrophe abzuwenden. Diese Vernunft suche ich in der Menschheit momentan vergebens, obwohl wir schon längst im Endspiel sind. Ich will das jetzt hier nicht länger ausführen, vielleicht schreibe ich darüber nach dem Camp einen Artikel für alle, die es interessiert.

Insofern ist dieser Themenschwerpunkt von „Das Erbe 3“ für mich vor allem auch eines:

Ein Versuch mit dem Wissen, was uns allen und allem tierischen und pflanzlichen Leben auf diesem Planeten durch unser eigenes Verschulden bevorsteht, irgendwie zurechtzukommen.

In einem slow-motion Endzeitfilm zu leben, ist nicht so geil.

Und nachdem das jetzt sacken konnte, folgt nun eine schlechte Überleitung zu einem wieder etwas erfreulicheren Teil.

Der Auftakt

Die letzten beiden Tage habe ich noch intensiv für meine Todo-Liste genutzt. Heute tue ich jedoch, worauf ich mich seit meinem Urlaub gefreut habe: Mit dem Schreiben beginnen, um mich mit der Story zu akklimatisieren und mich so auf das Schreibcamp einzustimmen. Und ich bin so aufgeregt, wie ein Kind an Weihnachten.

Anders als während früherer Camps bin ich dieses Mal in keiner Cabin. Anscheinend bin ich ein Mensch, der mit der sozialen Interaktion während eines solch intensiven Schreibmonats nicht nur im richtigen Leben überfordert ist. Entweder ich mache das eine oder ich mache das anderes, ein Mittelweg funktioniert für mich nicht. Ich brauche all meine Energie, um mich auf mein Projekt zu fokussieren. Und ich nehme an, dass das dazu führt, dass ich mich nach einer Weile in der Cabin rar mache, egal wie sehr ich die Leute dort mag und ob mich die Wordcounts der anderen positiv oder negativ unter Druck setzen. Irgendwie bin ich mehr Klischee als der gemeine Autor. Glaube ich.

Aber es ist auch nicht schlimm. Wahrscheinlich werde ich wieder an den Wordsprints auf Twitter teilnehmen, sofern die zu für mich machbaren Zeiten stattfinden. Und ganz sicher werde ich wieder morgens mit den Vögeln aufstehen, um vor der Arbeit und vor meiner Laufrunde zu schreiben, wenn die Welt noch still und mein Kopf noch frei ist.

Wenn ich es verantworten kann, werde ich während des Camps kleinere Ausschnitte auf meiner Facebook-Seite talesfromkyralia posten. Und wenn ich es nicht vergesse, liefere ich auch in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Updates. Der nächste Blogartikel kommt hingegen vermutlich erst nach dem Camp.