Überarbeitung von „Die zwei Könige“ Teil 3: Der ganze Rest

Es ist soweit! Die Überarbeitung von „Die zwei Könige“ ist abgeschlossen und die neue Version gibt es seit heute Morgen auf Fanfiktion.de zu lesen. Wie sich herausstellte, gab es weitaus mehr zu tun, als nur die Überarbeitung meiner beiden „Problemcharaktere“. Was ich alles gemacht und was ich nicht gemacht habe, erfahrt ihr in diesem Blogartikel.

Der Ablauf der Überarbeitung

Für die eigentliche Überarbeitung habe ich sechs Wochen gebraucht. Das Hochladen habe ich auf Grund meines Urlaubs und aus Gründen der Reflektion der Änderungen (mehr dazu weiter unten) um drei Wochen nach hinten verschoben. Zum einen wollte ich, endlich wieder einen reinen Schreiburlaub machen, zum anderen war mein Hirn von der Überarbeitung so zugemüllt mit Informationen, dass ich mich noch einmal in Ruhe mit meinen beiden „Problemcharakteren“, die der eigentliche Grund für die Überarbeitung waren, auseinandersetzen wollte.

Meinen Fortschritt habe ich in einem Excel-Sheet festgehalten, von dem ich einen Screenshot gemacht habe, damit ihr mal sehen könnt, wie ich so arbeite. Die grün gefärbten Tage sind Wochenenden und Feiertage. Tage, an denen ich kein fertiges Kapitel eingetragen habe, sind die Donnerstage. Dass ich hier kein Kapitel eingetragen habe, heißt jedoch nicht, dass ich gar nicht überarbeitet habe. An den Donnerstagen habe ich auf Grund von Wochenendvorbereitungen weniger Zeit und bin abends oft zu müde, um mich noch lange mit meinen Schreibprojekten zu beschäftigen. Deswegen habe ich diese Kapitel erst am nächsten Tag beendet. An einigen Wochenenden konnte ich den Verzug jedoch erst zum Beginn der nächsten Woche aufholen, weil ich nicht mehr als zwei Kapitel pro freiem Tag gründlich durchgehen kann.

Gegen Ende konnte ich mir einen kleinen Vorsprung erarbeiten, der jedoch nicht dazu beigetragen hat, dass ich zum Beginn meines Urlaubs Anfang Juni mit allem fertig war. Während der Überarbeitung hatten sich einige Todos angehäuft und ich musste noch einmal alle Szenen von Danyara und Ivasako durchgehen.

Damit war ich auch schon in meinem Urlaub angelangt und habe die Überarbeitung zunächst unterbrochen.

In der vergangenen Woche habe ich mich damit befasst, abends und in meinem Mittagspausen sämtliche Kapitel hochladefertig zu machen. Wie das funktioniert und was es beim Hochladen eines Kapitels alles zu beachten gibt, erfahrt ihr in diesem Blogartikel.

Gestern und am Freitag habe ich mich dann noch ein letztes Mal meiner beiden „Problemcharaktere“ angenommen. Das hatte zwar den Nachteil, dass ich Korrekturen in zwei Kapiteln machen musste (dem Original und dem mit der Formatierung für Fanfiktion.de), aber immerhin konnte ich auf diese Weise ohne Unterbrechungen mich in Danyara und Ivasako vertiefen.

Welche Änderungen gibt es bei den Charakteren?

Ivasako

Warum Ivasakos Überarbeitung nötig ist, hatte ich im ersten Teil dieser Reihe beschrieben. Hier gab es nicht nur in Teil 1 einiges zu tun, auch seine Szenen in Teil 3 hatten Überarbeitung nötig, da er hier doch sehr um den Pfad herumpräzessierte, den ich für ihn schon immer vorgesehen hatte. Irgendwie hatte ich das ein wenig anders in Erinnerung gehabt.

Ivasako zeigt jetzt gegenüber Sonea eine richtige Entwicklung inklusive eines Schwankens zwischen Mitleid und Argwohn, anstatt sie nur für ihr Los zu bedauern. Auf diese Weise habe ich seine Ergebenheit gegenüber Marika und seine eigenen Vorstellungen für Sachaka und den Krieg gegen Kyralia mit seiner grundsätzlich positiven Einstellung gegenüber Sklaven verknüpft.

Danyara

Warum Danyara einer dringenden Überarbeitung bedurfte und welche Besonderheit dabei auftritt, habe ich in Teil 2 dieser Reihe ausführlich erläutert. In vielen ihrer Szenen habe ich ganze Passagen umgeschrieben oder erweitert, um ihre neurodivergente Sicht auf die Welt besser zu verdeutlichen. Ich hoffe sehr, dass mir dies gelungen ist. Und vor allem hoffe ich, dass die „neue“ Dany nicht vor den Klischees strotzt, mit denen autistische Charaktere im Mainstream so häufig dargestellt werden. Einerseits wollte ich ein Bewusstsein für ihre Gedankenwelt und Wahrnehmung schaffen, andererseits haben ihre Szenen nicht die Funktion ihre Perspektive den Lesern erläutern und sie sind auch kein Handbuch á là Autismus für Neurotypische. Damit würden wir uns von der Ebene des Erzählcharakters wegbewegen und das wäre außerdem ein schlechter Erzählstil.

Leider hat das den Nachteil, dass manche Passagen den Eindruck erwecken könnten, dass Danyara egoistisch oder kalt wäre, während sie in Wirklichkeit mit einer plötzlichen Veränderung zu kämpfen hat, ihre Gefühle nicht identifizieren kann oder einfach nur überfordert ist. Vielleicht muss ich hier ein paar Reaktionen abwarten, um einschätzen zu können, ob hier noch etwas fehlt, oder ob Danyara das Schicksal ihrer realen Leidensgenossinnen teilt und ihre Verhaltensweisen neurotypisch interpretiert und darüber negativ-verzerrend bewertet werden.

Sowohl Ivasako als auch Danyara sind nun in sich konsistenter, wobei ich aus meiner mit Hintergrundwissen überladenen Sicht schlecht einschätzen kann, wie weit diese Konsistenz geht. Vielleicht habe ich einige Stellen übersehen, weil ich zu tief in der Geschichte drin war. Vielleicht habe ich an einigen Stellen nicht registriert, dass ich hier etwas anpassen muss. Aus diesem Grund habe ich zwischen dem Ende der Überarbeitung und dem Hochladen eine dreiwöchige Pause eingelegt, in der ich Gelegenheit hatte, die Änderungen an meinen beiden „Problemcharakteren“ zu reflektieren und zu überlegen, ob ich etwas Wesentliches vergessen habe. So wie ich mich kenne, werden mir wahrscheinlich die wirklich wichtigsten Punkte einfallen, wenn die neue Version schon ein paar Monate online ist …

Nichtsdestotrotz sind ihre Gedanken, Handlungen und Motive nun überwiegend in Einklang mit den Figuren und keine unbeabsichtigte Projektionen von Soneas Perspektive mehr.

Doch Ivasako und Danyara sind nicht die einzigen Sorgenkinder in „Die zwei Könige“. Besonders aufgefallen sind mir in diesem Zusammenhang Dorrien, Regin und Savara. Sie alle haben ihre Eigenheiten, doch an einigen Stellen fand ich ihr Verhalten und ihre Gedanken für meine Vision von ihnen zu extrem und habe ein wenig an ihnen gefeilt. Auch hier habe ich die Charaktere nicht in sich verändert, sondern versucht, genauer zu definieren. Ich hoffe, dass sie das etwas sympathischer macht und es erleichtert, sich mit ihnen zu identifizieren. Soll heißen, dass z.B. Regin ein Ekelpaket und ein Chauvinist bleibt und weiterhin auf diverse Bevölkerungsgruppen hinab sieht, und dass Dorrien Frauen, die er mag, weiterhin mit „kleine [Name]“ anspricht. (Das tut er übrigens auch im Buch.)

Stilistische Änderungen

Ich habe „Die zwei Könige“ von 2011-2013 geschrieben und von 2014-2016 auf Fanfiktion.de hochgeladen. Besonders in Teil 1 war der Sprachstil teils sehr unbeholfen; in späteren Kapiteln wurde es besser, was darauf hindeutet, dass meine Schreibe irgendwann in dieser Zeit einen Entwicklungssprung gemacht hat. Zum Vergleich: Den „Spion“ hatte ich Ende 2015 / Anfang 2016 noch einmal nachträglich überarbeitet, so dass einige Teile von D2K im Vergleich dazu auf einem viel älteren Stand waren.

Durch exzessives Überarbeiten meines englischsprachigen Projekts habe ich in den letzten ein bis zwei Jahren

einen weiteren Entwicklungssprung durchgemacht, der mich vor allem gelehrt hat, weniger „Tell“ und mehr „Show“ zu verwenden und kompakter zu formulieren. Darüber konnte ich jedes Kapitel von D2K um durchschnittlich 500 Wörter kürzen. Wahrscheinlich wäre noch sehr viel mehr drin gewesen, aber ich schreibe ja keinen Roman hier, sondern ein Fanfiction-Epos.

Stilistisch ist D2K jetzt vermutlich näher an der „Königsmörderin“ als an „Yukai“, doch ich bin noch skeptisch, wie viel man davon überhaupt bemerken wird. Wenn ich zu lange am Stück lese, gerate ich in eine Art Tunnel, in dem ich auf einen einzelnen Aspekt konzentriert bin und die anderen ungewollt ausblende. Daher ist es möglich, dass ich Stellen übersehen habe. Aus diesem Grund habe ich während der Überarbeitung Punkte in einem extra Dokument gesammelt und bin anschließend noch einmal über verschiedene Stellen drübergegangen. Aus diesem Grund habe ich in den letzten Tagen vor dem Hochladen auch noch einmal alle Szenen mit Danyara und Ivasako gelesen.

Des weiteren habe ich Tippfehler, Editierfehler, Copy & Paste Fehler, Grammatikfehler, unverständliche Formulierungen und merkwürdige Sprache korrigiert. Und wahrscheinlich habe ich dabei eine Reihe neuer Editierfehler produziert.

Was die Sprache und die Formulierungen betrifft, so ist mir wieder einmal aufgefallen, wie umständlich ich früher formuliert und teils sogar falsche Wörter benutzt oder Wörter getrennt habe, die eigentlich zusammengehören.

Sprachliche Änderungen

An einigen Stellen ist mir aufgefallen, dass ich Formulierungen benutzt habe, die nach meinem heutigen Verständnis diskriminierend oder herablassend sind und die nicht die Ansichten des Erzählcharakters widerspiegeln. Somit wirken diese Stellen, als wäre das meine eigene Einstellung. Solche Werte möchte ich in meinen Geschichten nicht vermitteln.

Ein Beispiel sind dafür internalisierte Alltagsrassismen wie Dorriens „Vindo-Freunde“, mit denen er nach Sachaka ziehen will. Das sind Formulierungen, die man durch die eigene Erziehung und das soziale Umfeld verinnerlicht hat und verwendet, selbst wenn Menschen mit anderer ethnischer Herkunft gegenüber in keiner Weise feindlich gesonnen ist. Problematisch ist daran, dass der Zusatz „Vindo“ suggeriert, dass diese Freunde eine andere bzw. geringere Wertigkeit hätten, als andere Freunde von Dorrien. Selbiges gilt übrigens für Begriffe wie Vindo-Heiler oder Vindo-Magier. Vor ein paar Jahren war mir nicht bewusst, dass diese Formulierungen herablassend und diskriminierend sind. Beim Lesen sind mir diese Stellen sofort unangenehm ins Auge gefallen und als Ende Mai / Anfang Juni die Debatte um das Thema Rassismus losging, habe ich mich mit dem Thema vermehrt auseinandergesetzt. Um hervorzuheben, dass diese Figuren aus einem anderen Verbündeten Land sind, um damit ein lebendigeres Bild in den Köpfen der Leser zu erzeugen, kann man auch anders vorgehen.

Heute, wo ich für diese Themen sensibilisiert bin, würde ich solche Formulierungen nicht mehr wählen, sofern diese nicht eindeutig die Ansichten eines Charakters wiedergeben, bei dem man derartige Wertevorstellungen erwartet (z.B. Regin). Es tut mir innerlich weh, unwissentlich schlechte Werte vermittelt zu haben, wo ich doch so viel Wert darauf lege, gute Werte in meinen Geschichten zu vermitteln. Dementsprechend werde ich diskriminierende und/oder herablassende Formulierungen von nun an ändern, wo sie mir auffallen. Das wird jedoch nicht von heute auf morgen geschehen, weil das neben zeitlichen Gründen auch ein Lernprozess ist und ich mich oft erst mit einem Thema auseinandersetze, wennes entweder für meine Geschichten relevant ist, mich dafür begeistere oder es gerade in den Medien diskutiert wird.

Da dieses Thema sehr umfangreich ist, werde ich darüber bei Gelegenheit einen eigenen Blogartikel schreiben. Das heißt, sofern es mir gelingt, meine Gedanken zu sortieren.

Highlights aus der Überarbeitung

Eine meiner Lieblingsstellen der „neuen“ Danyara ist in Kapitel 5, wo sie sich mit Nerdhumor (na, wer erkennt die Anspielung?) auf Keyas Kosten amüsiert:

Er hat mit mir geschlafen“, grollte Keya. Sie schob ihren Teller fort und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen zurück. „Und auch wieder nicht.“

Was soll das denn heißen?“, fragte Mavara. „Hat er nun mit dir geschlafen oder hat er es nicht?“

Er hat sowohl mit ihr geschlafen als auch nicht, bis wir einen Zeugen der Ereignisse finden, der das eine oder das andere bestätigt“, murmelte Danyara.

Alara prustete Raka über den Tisch. Rasch schlug sie sich die Hand vor den Mund.

Keine altertümlichen Philosophen beim Morgenmahl bitte“, sagte Ienara.

Den wohl amüsantesten Schnitzer fand ich in folgender Unterhaltung zwischen Akkarin und Rothen. Man beachte Akkarins Antwort, auf Rothens Frage, wie er seinen Sohn „entbehrlich“ nennen kann.

– Konntet Ihr nicht jemand anderen schicken?, verlangte er zu wissen. Dorrien ist ein Hitzkopf. Er wird in sein eigenes Unglück rennen.

– Sollte er Erfolg haben und Sonea finden, so wird es nicht schaden, wenn sie einen Freund hat, antwortete Akkarin ruhig. Von allen Kandidaten war er der Einzige, der entbehrlich ist.

– Entbehrlich?!, entfuhr es Rothen. Wie könnt Ihr meinen Sohn „entbehrlich“ nennen?

– Rothen, ich hätte Euch Eurem Sohn vorgezogen. Doch ich brauche Euch in Imardin.

– Meine Projekte können andere übernehmen. Sarrin und Yaldin sind mit dem Brauen der Schildsenker vertraut und das Bewässerungsprojekt kann jeder Alchemist durchführen.

– Und wer wird die Magier in der Gilde und die Stadtbewohner vor einer Panik bewahren, wenn die Sachakaner kommen?

Dass Akkarin sehr harsch sein kann, ist nichts Neues. Doch seine Worte, dass er lieber Rothen geschickt hätte, sollten ursprünglich der Beruhigung gelten. Dass Rothen das nicht beruhigen kann und Akkarins Worte als Beleidigung interpretiert werden können, ist mir erst jetzt aufgefallen. Ich habe mich nach einigen Überlegungen jedoch dagegen entschieden, das zu korrigieren. Akkarin ist gerade in einer sehr finsteren Phase und das beeinträchtigt seine Sozialkompetenz.

Ein weiteres Highlight war die Schlacht gegen die Gruppe von Ashaki, die Marika unter Yirakos Führung nach Kyralia schickt. Da sind Charaktere gestorben, von denen ich sicher war, dass sie erst in Yukai sterben. Der Tod eines Charakters hat mich kurzzeitig daran zweifeln lassen, dass ich seine Nachfolgerin konsequent vom Ende von D2K beibehalten habe. Eigentlich habe ich ein sehr gutes Gedächtnis dafür, welche Charaktere ich wann getötet habe. Inzwischen sind es jedoch so viele, dass ich bei den unwichtigeren Charakteren den Überblick verliere. Immerhin umfasst mein DGDSM-Universum inzwischen fast fünf Millionen Wörter und der Mikrochip fürs Gehirn wurde leider noch immer nicht erfunden.

Und natürlich hatte ich sehr viele Fangirl-Momente mit Akkarin und Marika.

Das habe ich nicht gemacht

Wenn ich eine alte Geschichte von mir lese, fallen mir häufig Dinge auf, die ich heute anders schreiben würde. Dass ich beim Lesen auch überarbeite, lässt sich nicht vermeiden. Allerdings wäge ich bei größeren Änderungen den Nutzen ab und mögliche negative Auswirkungen ab.

  • Strukturelle Änderungen wie zum Beispiel die so oft kritisierte Aufteilung der Handlung habe ich nicht angerührt. Ich bin von dieser Aufteilung überzeugt und die Beweggründe dafür könnt ihr hier nachlesen. Aber auch den Aufbau von Szenen habe ich in Ruhe gelassen.

  • Inhaltliche Änderungen: Eine fundamentale Zeitreise-Regel besagt, dass man möglichst wenig in der Vergangenheit verändern sollte, weil das in der Zukunft verheerende Folgen haben könnte. Science-Fiction Fans kennen das vielleicht. Ähnlich verhält sich das, wenn man in einer Fortsetzungsreihe zurückgeht und einen früheren Teil überarbeitet. In diesem Fall habe ich nur inhaltliche Änderungen vorgenommen, die dem erzählten „Heute“ zuträglich sind.

  • Kritikpunkte aus Reviews, die ich nicht nachvollziehen konnte.

  • Eine ausführliche Erklärung geliefert, warum Alara nach der Sache mit der Raubtierfütterung nicht mehr mit Sonea spricht. Sonea gibt dazu ein paar Kapitel später eine Vermutung und die reicht meiner Meinung nach, damit man sich den Rest zusammenreimen kann.

  • Alles, was mir nicht aufgefallen ist, und davon gibt es sicher eine Menge.

Außerdem habe ich Ivasakos bisher veröffentlichte Szenen in der „Königsmörderin“ noch nicht gelesen und auf mögliche Überarbeitungspunkte überprüft. Das werde ich tun, wenn ich irgendwann im August die Kapitel, die bis Weihnachten online gehen, ein letztes Mal korrigiere.

Schlusswort

Abschließend bleibt mir nur noch euch für eure Geduld zu danken. Ich hoffe, dass euch die überarbeitete Version gefällt und dass euch vor allem die Überarbeitungen der Charaktere zusagen.