Wie ein Schneesturm im April – Von dem Überarbeitungscamp, das keines war

Ein Zweig mit weiß-rosa Blüten auf schwarzem Hintergrund. Der Text sagt: "#MyNoEditMo2021 Das Erbe der schwarzen Magier III @Lady Sonea"

Nachdem ich in einem Rutsch „Der Spion“ und „Das Erbe der schwarzen Magier II“ überarbeitet habe, hielt ich es im Februar/März für eine großartige Idee, direkt mit „Das Erbe 3“ weiterzumachen. Anders als in früheren Jahren, in denen ich im April beim Camp-NaNoWriMo eines meiner Projekte überarbeitet habe, beschloss ich, dieses Mal mein eigenes Überarbeitungscamp zu machen.

Ich ging relativ unvorbereitet an die Sache heran. Auf den Plan, den ich normalerweise vor einer Überarbeitung erstelle, habe ich dieses Mal verzichtet, weil die bereits existierenden 50-60% von „Das Erbe 3“ eine blutig-rohe Rohfassung mit zahlreichen ToDos sind. Das macht es schwierig, sich auf ein Kapitel/Werktag und zwei Kapitel/freiem Tag oder „so viel wie möglich“ festzulegen, wie es bei einem Projekt möglich wäre, dem nur noch der Feinschliff fehlt.

Für mein eigenes Überarbeitungscamp bastelte ich ein Banner und dachte mir einen Hashtag (#MyNoEditMo2021) aus, den ich dann doch nicht benutzen sollte. Und dann ging es los. Pünktlich zum 1. April hatte ich anderthalb Wochen Osterurlaub, so dass ich durchstarten konnte.

Zumindest war das der Plan.

Mir war bewusst, dass diese Rohfassung wirklich sehr roh ist. Als ich im NaNoWriMo November 2019 bei „Das Erbe 3“ dort aufsetzte, wo ich nach dem Juli-Camp aufgehört hatte, hatte ich zu wenig Vorbereitungszeit, um das bisher Geschriebene noch einmal durchzulesen und zu überarbeiten. Das heißt, ich habe damals mehr oder weniger blind auf einem wackeligen Fundament weitergeschrieben und währenddessen festgestellt, dass meine Outline einige kausale und temporale Probleme hat, die ich während der Planungsphase nicht hatte sehen können. Planung und das Erstellen einer Outline sind wichtig, um meine Ideen in eine kohärente Form zu gießen, das Schreiben an sich ist jedoch ein Bottom-Up-Prozess. Deswegen kann ich die Lücken in meiner Konzeption erst sehen, wenn ich sie beim Schreiben geschlossen habe und weiß, wie die Handlung von A nach B gelangt.

Während meines Urlaubs kam ich nicht einmal bis zu dem im November 2019 geschriebenen Teil. Ich war zu sehr damit beschäftigt, die ersten Kapitel aufzuräumen, Szenen hinzuzufügen oder umzuschreiben. Bei Kapitel 10 legte ich zwei Tage ein, um die sich bis dahin angehäuften ToDos zu erledigen. Ich hatte weder Lust, eine riesige ToDo-Liste nach Fertigstellung der Rohfassung abzuarbeiten, noch kann ich mit dem Wissen, dass in den bisher überarbeiteten Kapiteln noch Chaos herrscht, sinnvoll weiterarbeiten. Und vielleicht brauchte ich nach vier Monaten Überarbeitungsmarathon eine Pause. Ich bin nicht mehr das Perpetuum Mobile aus der Zeit vor meinem Mental Health Crash.

Nach meinem Urlaub kam ich zu einem Kapitel, das einen nicht konsequenten Zeitsprung enthielt. Ich stand vor der Frage, ob ich hier die Handlung auf eine Weise umbiege, die sich später rächen würde, oder ob ich sie mit Szenen auffülle. Ich entschied, es mit Letzterem zu versuchen. Was zuerst wie ein langweiliger Filler wirkte, entwickelte sich rasch zu einer intensiven Charakterentwicklung und Ideen für noch ungeschriebene Kapitel sowie für die Auflösung einiger Plotlines am Ende. Insgesamt habe ich an diesem Wochenende ca. 12k Wörter geschrieben. Dafür, dass ich seit November nicht mehr geschrieben habe und nicht an Wordsprints teilgenommen habe, ist das viel.

Doch nicht alles an dem bisher geschriebenen Teil von „Das Erbe 3“ ist Chaos. Ich war im positiven Sinne geschockt, als ich sah, wie sehr die politische Situation in dieser Geschichte an die gegenwärtige Corona-Politik inklusive und die berüchtigten Querdenker erinnert. Damals war dies als bitterböse Allegorie an die deutsche Klimapolitik gedacht. Ich mag, dass nun eine zweite Bedeutung hinzugekommen ist, auch wenn diese wahrhaftig keine erfreuliche ist. Allerdings zwingt diese Allegorie mich dazu, vermehrt darauf zu achten, dass Charaktere nicht zu Karikaturen ihrer selbst und out-of-character werden. Mit der in „Das Erbe 2“ begonnenen Entwicklung bin ich da hoffentlich auf einem guten Weg.

Ich würde gerne näher auf den Inhalt von „Das Erbe 3“ eingehen, muss mir dies jedoch zu diesem Zeitpunkt verkneifen.

Wie ein Schneesturm im April

Mitte April geschah etwas, das mich völlig unvorbereitet traf. Ich bin es gewohnt, dass Schreibcamps mit erschwerten Umständen daherkommen, aber dieses Mal warf es mich völlig aus der Bahn. Ich habe mich Hals über Kopf in eine Anime-Serie verliebt.

Wobei „verliebt“ es herunterspielt. Relativ schnell war klar, dass ich eine neue Nerdobsession habe. Es ist wie damals mit Lightbringer nur ohne den frustrierenden letzten Band, der das komplette Konzept der Reihe ausgehebelt und meinem nach Ordnung und Perfektion verlangenden Hirn Kopfschmerzen bereitet hat. Oder wie mit Black Magician, nur dass das Ende weder mein One True Pair in zwei Sätzen zerstört noch mich mit dem Gefühl des Betrogenwordenseins zurücklässt.

Wo Reallife-Probleme meist kurzzeitige Störungen darstellen, bin ich einer neuen Obsession hilflos-willig ausgeliefert. Ich will alles darüber wissen, ich analysiere, befasse mich wieder und wieder mit Lieblingsszenen (meine Nerdobsessionen betreffen meist fiktionale Werke), recherchiere und lese mir Analysen und Reviews durch. Ich bin nahezu unfähig, meine Gedanken auf etwas anderes zu fokussieren. Was ich auch tue, ich drifte ständig zu der Obsession ab. Es ist das Erste, woran ich morgens denke, es ist das Letzte, woran ich abends denke, und ich denke sogar darüber nach, wenn ich nachts aufwache. Meist dauert es ein paar Wochen, bis sich die erste Euphorie legt und ich wieder normal funktioniere, während die Obsession als ein neuer Teil von mir mich von innen heraus wärmt und die Welt mit Farbe erfüllt.

Noch bin ich jedoch nicht an diesem Punkt. Unter der Woche gelingt es mir, einige einzelne Szenen aus „Das Erbe 3“ zu überarbeiten. Am Wochenende schaffe immerhin ein ganzes Kapitel pro Tag. Selbst, wenn ich nicht stundenlang auf Reddit Diskussionen lese, komme ich nur sehr langsam vorwärts, weil meine Gedanken andauernd abschweifen und sich mit Analysen, Tagträumen und möglichen Fanfiction-Ideen beschäftigen.

Auch wenn der Ablenkfaktor momentan enorm ist, sehe ich langfristig viel Gutes daraus entstehen. Aus meinem intensiven Studium der Serie kann ich einiges für meine Geschichten mitnehmen. Dazu gehören die beiden Hauptcharaktere, die ich bei zwei Charakteren aus „Das Erbe 3“ im Hinterkopf habe. Auch wenn grundlegende Unterschiede bestehen und es daher keinen Wiedererkennungseffekt geben wird (schließlich ist es keine Hommage), macht die lose Assoziation meine Charaktere authentischer. Sehr viel lernen kann ich auch von den verschiedenen Elementen des Storytellings, der Charakterentwicklung und diversen Stilmitteln, um subtil und mit wenigen Worten die Dinge auf den Punkt zu bringen. Nicht zu vergessen, das exzellente Show-don’t-Tell.

Wie geht es nun weiter?

Zunächst einmal hoffe ich, dass es mir bald gelingt, diese neue Obsession sinnvoll in mein Leben zu integrieren. Ich habe einige unausgegorene Fanfiction-Ideen zu dieser Serie, müsste mich dazu jedoch in mir bisher völlig fremde Wissensgebiete einarbeiten. Die Begeisterung ist groß genug, dass ich das tun werden, in Teilen habe ich für meine Recherchen sogar schon damit begonnen. Bevor die Rohfassung von „Das Erbe 3“ abgeschlossen ist, wird in dieser Richtung nicht viel passieren – nicht zu vergessen meine beiden englischsprachigen Projekte und die übrigen Ideen, die ich noch zu den schwarzen Magiern habe.

Mein aktueller Plan sieht vor, bis zu meinem Urlaub Ende Mai den bereits geschriebenen Teil von „Das Erbe 3“ inklusive der angehäuften ToDos zu überarbeiten und mich der Planung des letzten Drittels zu widmen. Hier werden auch die Worldbuilding-Erweiterungen und -Erkenntnisse einfließen, die ich im März im Rahmen der Überarbeitung von „Das Erbe 2“ angestellt habe. Ich bin gespannt, ob mir das angesichts der Umstände gelingt.

Bis Ende Juni will ich dies so weit treiben, dass ich die Rohfassung im Juli abschließen kann. Ich mag gar nicht daran denken, dass mit „Das Erbe 3“ für mich eine Ära zu Ende geht. Auch wenn es eigentlich erst dann zu Ende ist, wenn ich das letzte Kapitel gepostet habe, so ist mit dem Beenden einer Rohfassung immer auch ein Abschied verknüpft. Insofern ist es vielleicht gut, dass die neue Nerdobsession in mein Leben getreten ist, bevor ich in das tiefe Loch falle.

Ganz langfristig gesehen plane ich übrigens eine neue, längere Geschichte zu den schwarzen Magiern im November zu schreiben. Die Idee dazu habe ich seit sieben Jahren und mehr als, dass die Handlung ab einem Punkt in den Büchern einen alternativen Verlauf nimmt, werde ich dazu vorerst nicht sagen.


Da Animes ein Teil der Nerdkultur mit zahlreichen Genres sind und meine Interessen erfahrungsgemäß recht speziell sind und vom Mainstream abweichen, werde ich auf dieses Thema nicht mehr als für meine Black Magician Fanfictions erforderlich eingehen. Die Serie, die mich so begeistert, heißt „Yuri!!! on Ice“. Ich könnte Stunden darüber schwärmen und Plotelemente, Stilmittel, Prämissen, Charaktere und Handlungsbögen diskutieren, aber das hier ist nicht der richtige Ort. Für Diskussionen und gemeinsamen Austausch steht mein Mail-Postfach offen.

(4) Kommentare

  1. Nika sagt:

    Hallo meine liebe Lady Sonea,
    Über Twitter und auch aus unseren Gesprächen weiß ich ja schon um deine neue Obsession und freue mich sehr für dich, dass du dich da so hast hinein fallen lassen. Leider kann ich dir dieses Mal nicht wirklich als Gesprächspartner zur Seite stehen, da ich weder mit Anime an sich noch mit dieser bestimmten Serie vertraut bin. Ich bin mir jedoch sicher, dass du eine ganz wunderbare FF daraus entwickeln wirst.

    Ein wenig schade finde ich es dennoch, dass du den schwarzen Magiern grade so wenig Aufmerksamkeit schenken kannst – wo ich doch grade erneut im Spion gefangen bin und vor mich hin fangirle! <3
    Jedoch hat mich dein letzter Hinweis in diesem Blog-Artikel, dass du "eine neue, längere Geschichte zu den schwarzen Magiern" zu schreiben gedenkst, sehr überrascht und gefreut! Ich bin SEHR gespannt, ab welchem Punkt inden Büchern deine Geschichte dann einen alternativen Verlauf nehmen wird und wer die Erzähl-Charaktere sein werden. So sehr ich Der Spion auch liebe, mir fehlt Akkarins PoV schon sehr. <3
    Erst gestern dachte ich lange darüber nach, wie wohl die Begegnung von Akkarin und Savara im Spion (und der darauf folgende Konflikt mit Sonea) aus Akkarins Sicht wohl sein würde. Zu gerne würde ich das einmal lesen…. 😉

    Liebste Grüße
    Nika

    1. sagt:

      Liebe Nika,

      Nur, dass ich gerade an etwas anderem arbeite, heißt doch nicht, dass du nicht fangirlen kannst! Seit wir uns kennen habe ich mehr als die Hälfte der Zeit an anderen Projekten gearbeitet. Ich hoffe nur, dass du weißt, dass du jederzeit mit mir fangirlen kannst, wenn du das möchtest <3

      Liebe Grüße,
      Lady Sonea

    2. Nika sagt:

      Hallo meine Liebe,

      Aber natürlich! Ich weiß doch, dass ich mich jederzeit mit meinem Fangirl-Herzschmerz an dich wenden kann! <3
      Und du weißt hoffentlich, dass ich ein sehr, sehr treuer Fan bin ich und auch gerne bereit bin, einige Zeit auf neuen Lesestoff zu den schwarzen Magiern von dir zu warten. 🙂
      Hätte ich bloß einen Hauch deines Talents, würde ich mich vielleicht selbst auch einmal an eine Kurzgeschichte wagen, aber das wird wohl für immer eine Träumerei bleiben.

      Ich bin gespannt – und bleibe natürlich informiert – ob und was du im November schreiben wirst.

      Liebe Grüße
      Nika

    3. sagt:

      Liebe Nika,

      Keine Sorge! Der Nachschub bei meinen Black Magician Fanfictions wird unter den anderen Projekten nicht leiden, weil ich mit dem Schreiben immer ca. 1,5 Bände voraus bin. Das heißt, zumindest nicht für meine Fortsetzung. Was weitere Geschichten betrifft, die ich in diesem Universum vielleicht noch schreibe, dazu kann ich noch nichts sagen, weil ich noch nicht weiß, wann ich diese schreiben werde.
      Wenn du schreiben möchtest, dann mach das doch einfach. Lass dich nicht davon entmutigen, dass der erste Versuch nicht schön sein könnte. Dafür sind Überarbeitungen da. Wie jedes Handwerk will Schreiben gelernt werden 🙂

      Liebe Grüße,
      Lady Sonea

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