Der Camp-NaNoWriMo April 2016 – Was mich nicht umbringt macht mich härter Pt. II

Oder auch: Wie ich zwischen Panikattacken und wilden Kätzchen Das Schreibcamp des Grauens überlebt habe

Im April habe ich wie geplant mit der Überarbeitung von ’Darker Than Black’, des zweiten Teils meiner Akkarin-Trilogie, am CampNaNoWriMo teilgenommen. Die Rohfassung hatte ich letztes Jahr im Juli-Camp geschrieben. Inzwischen ist es nahezu Tradition, dass ein Schreibcamp unter erschwerten Bedingungen stattfindet, und ich dachte, mich könnte in dieser Hinsicht nichts mehr aus der Bahn werden. Doch da lag ich völlig falsch.

Dieses Mal sah ich mich mit einem Problem konfrontiert, das ich in dieser Form noch nie hatte und mit dem ich als Fanfiction-Autorin nie gerechnet hätte. Das Schlimmste daran war, dass es so jenseits meiner Kontrolle war, dass ich mich schwer damit tat, mich darüber zu emanzipieren.

Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mich von einem anderen Menschen verfolgt – ja, sogar bedroht gefühlt. Denn einer meiner Leser hat sich auf höchst gruselige Weise als Stalker herausgestellt.

Ein paar von euch haben bereits per Mail von der Sache erfahren, andere haben es vielleicht in meinem aktuellen Artikel im Schreibmeer-Magazin Wie viel Nähe darf man zu seinen Lesern haben? gelesen, wo ein paar Details zu der Geschichte stehen.

Die ganze Angelegenheit erreichte ihren Höhepunkt kurz vor Beginn des Camps, was dazu führte, dass ich mit einem Tag Verspätung in das Camp startete, weil ich nicht mehr in der Lage war, meine ToDo-Liste für die vorher zu erledigenden Aufgaben rechtzeitig abzuarbeiten. Diese Sache beeinträchtigte über Wochen meinen Schlaf, meine Arbeit und meine Freizeit, in der ich mich der Überarbeitung widmen wollte – und natürlich die Überarbeitung selbst.

Ohne die moralische Unterstützung einiger Schreibmeer-Kollegen, darunter meinem Chef persönlich, den lieben Menschen in meiner Cabin (es war wie so häufig mehr eine Selbsthilfegruppe, denn ein Chat über die Schreibprojekte), einigen anderen lieben Internet-Menschen, einigen Arbeitskollegen, meiner Chefin vom Brojtob und meinem Herzensmenschen mit seiner ruhigen und nüchternen Art, hätte ich den April nicht so gut überstanden. Ohne wäre ich vermutlich völlig hysterisch geworden und hätte irgendwann durchgedreht. Daher möchte ich diesen Menschen an dieser Stelle von Herzen danken  <3

Auch meine Kätzchen haben mir geholfen, nicht den Verstand zu verlieren, auch wenn sie mich bei anderen Gelegenheiten regelrecht in den Wahnsinn getrieben haben. Marika hatte im April eine schwerpubertäre Phase und versuchte wiederholt, Isara zu besteigen, so dass ich schon mit dem Gedanken gespielt habe, sie in Jaime und Cersei umzutaufen. Ende April war dann zum Glück der Kastrationstermin, doch in den Tagen danach waren sie unleidlich und haben sich gegenseitig angefaucht und nur Unsinn gemacht. Nichtsdestotrotz sind sie immer besonders schmusig, wenn es mir nicht gutgeht und dafür bin ich unglaublich dankbar.

Die ersten beiden Wochen des Camps waren die größte Hölle. Ich habe sie nur überstanden, indem ich mich aus dem Internet bis auf die Camp-Seite zurückgezogen habe. Bei schönem Wetter an den Wochenenden war ich dabei mit den Kätzchen auf dem Balkon, was schon im vergangenen Jahr eine emotionale Distanz geschaffen hat. Weil Twitter mein bevorzugtes Medium, und damit leider auch das von der Situation am meisten betroffene war und noch immer ist, habe ich in dieser Zeit auch eine längere Twitterpause eingelegt.

Ist Misstrauen erst einmal gesät, ist es schwierig, anderen Menschen ein gewisses Grundvertrauen zu schenken, wenn man erstmals auf sie trifft. Wenn sich jemand ständig neue Accounts macht in dem Glauben, du merkst es nicht, fängst du irgendwann an, jeden neuen Follower und jeden neuen Leser mit Misstrauen zu betrachten. Man wird paranoid und schaut sich die Leute ganz genau an, bevor man reagiert. Dadurch, dass meine Tweets seit dem Zweitaccount, den der Stalker unter dem Namen meines Antagonisten erstellte, nur noch für meine Follower lesbar sind und mir nur noch bestätigte Accounts folgen können, kann ich mich ein Stück sicherer wähnen.

Wenn die Überarbeitung zu einer scheinbar unbezwingbaren Herausforderung wird

Leider wollte durch diese ganze Sache das NaNo-Feeling nicht so wirklich aufkommen. Ich habe mich regelrecht durch die Überarbeitung durchgebissen, wodurch die ganze Angelegenheit eher eine Katastrophe war und mich an der Qualität der Geschichte zweifeln lief.

Für den ersten Überarbeitungsdurchlauf habe ich zweieinhalb Wochen gebraucht. Für eine Geschichte mit 220k ist das verdammt schnell und nach dem ersten Wochenende dachte ich noch „Wow“, doch es war die schlampigste Überarbeitung, die ich je durchgeführt habe. Nach einigen Kapiteln wurde mir bewusst, dass mich die Geschichte nicht packte. Ich las nur oberflächlich, weil mich die Sache mit dem Stalker noch immer so beschäftigte, dass ich mich nicht auf Akkarin und sein Seelenleben einlassen konnte. Ich habe die Geschichte nicht gefühlt, ich habe ihn nicht gefühlt. Das ging so weit, dass ich Akkarin irgendwann für ooc hielt. Manche Kapitel habe ich überflogen und zur zweiten Überarbeitung auf die ToDo-Liste für Runde zwei gesetzt. Szenen, denen noch das Ende fehlte, habe ich wie noch zu schreibende Szenen ebenfalls auf die ToDo-Liste gesetzt.

Weil es einfach nicht ging.

Ich war frustriert. Und ich war beunruhigt, zumal das Kamelot-Konzert gegen Ende des Monats seine Schatten vorauswarf. Seit es angekündigt worden war, seit ich die Konzertkarte hatte, hatte ich mich auf diesen Tag gefreut. Dass eine Band nach einer Tour spontan noch eine kleine Tour macht, ist nicht selbstverständlich und die beiden Konzerte im September waren nicht genug, weil es die Lieblingsband ist. Doch jetzt hatte ich Angst, dorthin zu fahren. Richtige Angst. Denn dummerweise hatten meinen Geschichten ihn auf diese Musik angefixt. Und da er genug kriminelle und psychopathische Energie besaß, um über die spärlichen Informationen, die es über mich im Internet gibt, meinen Arbeitgeber herauszufinden und mir Sachen dorthin zu schicken, hatte ich Angst, er könnte bei dem Konzert auftauchen. Zum Glück hatten zwei Arbeitskollegen ebenfalls Karten und nahmen mich mit. Am Ende wurde es ein unvergesslicher Abend mit ganz viel Lieblingsmusik, der mir für die letzte Camp-Woche noch einen richtigen Motivationsschub gegeben hat.

Jener Tag war zugleich auch meine Rückkehr ins Leben und in die Twitter-Community, die ich allmählich zu vermissen begonnen hatte. Ich war es leid, die ’Opferrolle’ zu haben. Ich war es leid, unfreiwilliger Bestandteil eines kranken, perversen Spiels zu sein mit einem Gegenspieler, der sich Namen von Figuren gibt, die unglücklich in meine Prota verliebt sind oder sie sogar vergewaltigen. Denn damit gibt man solchen Typen eine Macht über sich, die ihnen nicht zusteht. Und wem ich Macht und wie viel davon über mich zugestehe, ist immer noch meine Entscheidung. Doch man kann diese Macht brechen, indem man sich nicht versteckt und darüber spricht. Also kehrte ich mit jeder Menge Kampfgeist und Selbstbewusstsein zurück.

Nur wenige Tage vor dem Konzert hatte ich Runde 2 der Überarbeitung gestartet, in den Hoffnung, den ooc-Akkarin auszubügeln. Zusammen mit der Musik, die mich für meine Akkarin-Trilogie so sehr inspiriert, lief es für den Rest des Camps richtig super. Ich hatte wieder ein ’Gefühl’ für Akkarin, konnte die neuen Szenen schreiben, las genauer und das ooc-Problem löste sich bis auf einige unglückliche Formulierungen in Wohlgefallen auf. Dazu trug auch bei, dass Akkarin in dieser Geschichte der einzige Erzählcharakter ist, so dass ich nicht zwischen Handlungssträngen springen und darauf achten muss, dass diese zusammenpassen. Natürlich gab es den gelegentlichen Moment, in dem alles wieder hochkam, doch es wurde besser.

CampNaNoWriMo 2016 Endstand

Zu den zusätzlichen Szenen gehören einige Rückblenden in die Zeit, als Akkarin und Lorlen Novizen waren, ein Epilog und ein Epilog zu ’Unter tausend schwarzen Sonnen’, der den bisherigen ersetzen wird. Denn als ich diesen damals schrieb, dachte ich noch nicht daran, das Projekt fortzusetzen. Der bisherige Epilog überschneidet sich mit einem Kapitel aus ’Darker Than Black’, der neue ergänzt etwas, das ich in ’Darker Than Black’ voraussetze. Nach Ende des Camps erledigte ich noch ein paar letzte ToDos und schrieb noch einige weitere Szenen, inzwischen ist die Geschichte fertig für meine Testleserin.

Wären die ersten Wochen anders gelaufen, hätte ich mir den Stress mit dem zweiten Überarbeitungsdurchlauf ersparen können. Es hätte genügt, die ToDos zu erledigen, die ich mir beim Lesen notiert habe, weil ich für diese den Gesamtüberblick über die Story brauche. Aber so sind die Worte durch meine Augen in mein Hirn geflossen und dort irgendwo im Nirvana verschwunden. Manchmal wusste ich ein paar Minuten später nicht mehr, was ich gerade gelesen hatte.

Irgendwann während des Camps habe ich außerdem mein Sachakanisch-Dictionary neu designed. Da ich für ’Darker Than Black’ einige Übersetzungen brauchte, hat mich die Idee, die ich eigentlich auf Mai verschieben wollte, gepackt, so dass ich einen Tag investiert habe, um die neuen Vokabeln aufzunehmen und das Ganze etwas übersichtlicher zu gestalten.

Leseprobe

Trotz allem möchte ich euch noch eine kleine Leseprobe aus Kapitel 50 – Sonea schlägt zurück zur Verfügung stellen:

„Lorlen“, sagte Akkarin, als der Mann in den dunkelblauen Roben in seinen Empfangsraum schritt. „Welch seltener Gast in meinen Räumen.“

„Wir wissen beide, dass das nicht mehr notwendig ist, jetzt wo du alle Neuigkeiten über das hier erfahren kannst“, sagte Lorlen mit einem unterschwelligen Vorwurf und hielt die Hand mit seinem Ring hoch.

Und dennoch kam er hin und wieder vorbei. Ob aus Gewohnheit oder weil doch noch ein Rest ihrer Freundschaft vorhanden war, hätte Akkarin nicht sagen können. Er hatte Lorlens Oberflächengedanken dazu nie ergründet.

„Ein magischer Ring entschädigt mich trotzdem nicht für ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht“, erwiderte Akkarin amüsiert.

Schwarzmagischer Ring, flüsterten Lorlens Gedanken.

„Ah, aber du wärst nicht hier, hättest du dazu nicht einen besonderen Grund“, fügte er hinzu. Er wies zu einem Sessel. „Setz dich und trink ein Glas Wein mit mir.“

„Tatsächlich habe ich einen Grund.“ Lorlen tat einen Schritt auf ihn zu und musterte ihn. „Aber ich nehme an, du weißt es schon, nicht wahr?“

„Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Dann hat sie es dir nicht erzählt?“

„Sprechen wir von meiner Novizin?“, fragte Akkarin. „Geht es um Rothens Sohn?“

Sein Freund schüttelte den Kopf. „Es geschah während des Nachmittagsunterrichts. In Lord Sarrins Gegenwart.“ Er machte eine dramatische Pause. „Sonea hat Regin zu einem formalen Duell herausgefordert. Morgen in einer Woche.“

Endlich! Akkarin pfiff leise durch die Zähne. „Als sie vorhin nach Hause kam, hat sie das mit keinem Wort erwähnt.“

„Hat sie nicht? Als deine Novizin sollte sie das.“

„Vermutlich. Doch ich nehme an, dass sie meine Unterstützung in dieser Sache nicht wünscht.“

„Sie wird sie aber brauchen.“

„Lord Yikmo ist ihr Lehrer“, erinnerte Akkarin. „Er möge sich der Sache annehmen.“

Für einen kurzen Augenblick machte Lorlen ein Gesicht, als wolle er Akkarin eine Lektion erteilen, dann sagte er: „Eigentlich wollte ich fragen, ob du mit in den Abendsaal kommst.“ Er hob einen warnenden Finger. „Deine üblichen Ausreden werde ich nicht gelten lassen.“

Erheitert hob Akkarin eine Augenbraue. „Ich denke, die neusten Eskapaden meiner Novizin sind Anlass genug, mich dort wieder einmal blicken zu lassen.“

„Alles andere hätte mich auch gewundert“, bemerkte sein Freund trocken.

Akkarin war nicht überrascht, den Abendsaal überfüllt vorzufinden. Das wird ein Spektakel, dachte er, als die Alchemisten, Krieger und Heiler ehrfurchtsvoll vor ihm zurückwichen, während er zu ’seinem’ Sessel schritt. Selbst ohne den Einsatz fragwürdiger Talente wusste er, was sie dachten.

Und er freute sich bereits darauf, ihnen zu antworten.

Lorlen hielt sich an seiner Seite, ließ sich jedoch einen halben Schritt zurückfallen, um Akkarin seinen Auftritt nicht zu zerstören. Wo Akkarin von dieser Demonstration des Machtgefälles zwischen ihnen in anderen Situationen nicht angetan gewesen wäre, genoss er es an diesem Abend regelrecht.

Vinara, Balkan und Sarrin hatten sich bereits in den Sesseln um ’Akkarins’ Sessel versammelt. Als Akkarin sich darin niederließ, scharten sich die Magier um ihn, als würden sie sich von ihm eine Art Anerkennung erhoffen. Ein Diener kam und brachte ihm und Lorlen Wein. Sein Glas entgegennehmend lehnte Akkarin sich zurück und wartete.

Fazit & Ausblick

Ich fühle mich nicht, als wäre ich bei diesem Schreibcamp über mich hinausgewachsen. Ich kann nicht stolz sein, weil ich eine neue Herausforderung gemeistert habe. Dieses Schreibcamp war für mich nur ein einziger Krampf. Ich bin einfach nur froh, es überstanden zu haben.

Von daher sind die 441k, die ich im April überarbeitet habe, eigentlich nur 225k – die Wortzahl, auf die ’Darker Than Black’ mit den neuen Szenen kommt. Ich versuche mich damit zu trösten, dass ich mein persönliches Ziel am Ende erreicht habe und die Geschichte einen Stand hat, mit dem ich sie meiner Testleserin schicken kann.

Im Juli steht Teil 3 meiner Akkarin-Trilogie an. Dieser Teil wird parallel zu ’The High Lord’ laufen, wahrscheinlich ein wenig früher anfangen, doch in jedem Fall bis in die ersten Kapitel von ’Der Spion’ reichen. In einem Monat werde ich dazu mit den Vorbereitungen beginnen. Ich hoffe, dass zwei Wochen dazu ausreichen. Die Geschichte soll keine Nacherzählung werden, ‚The High Lord‘ hat so viele Akkarin-Szenen, die auch in dort wichtig werden, und ich will das Buch nicht einfach nacherzählen, sondern die Geschichte aus Akkarins Sicht erzählen und ergänzen.

Für den Juli werde ich wieder meine eigene Cabin gründen und das Internet weitgehend meiden. Denn ein zweites Schreibcamp des Grauens brauche ich nicht.

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