Unleidliche Gelehrte und schwierige Lonmar (enthält Spoiler)

 

Misstrauisch und mit zusammengezogenen Augenbrauen betrachtete Tayend die vor ihm stehende Schale mit Fischeintopf. Seine Lippen waren ein wenig zu blass und aus seinen Wangen war jegliches Leben gewichen. Dass Dannyl ihn vor dem Essen im Mannschaftsraum von seiner Seekrankheit geheilt hatte, schien seine Wirkung mit dem Anblick des Essens verloren zu haben.

„Du kannst es essen“, sagte Dannyl. „Der Fisch ist ganz frisch. Frischeren Fisch wirst du niemals wieder zu essen bekommen.“

„Es ist nicht das erste Mal, dass ich Fisch auf einem Schiff esse.“ Angewidert zog Tayend seinen Löffel aus der Schale, etwas Schwarzes, glitschig Aussehendes darauf. „Aber das erste Mal, dass ich Eyoma esse!“

„Eyoma gesund sein“, sagte einer der Matrosen. „Eyoma an Schiff Unglück bringen, Eyoma essen Glück und Gesundheit bringen.“

„Besser die Eyoma fangen und zu Essen verarbeiten, als das Schiff von ihnen zum Kentern bringen zu lassen“, fügte Dannyl feixend hinzu.

„Aber müssen sie dann ausgerechnet in dem einzigen frischen Essen hier sein?“, klagte Tayend.

„Wenn es dir so sehr widerstrebt, dann leg sie beiseite.“

„Aber ich weiß, dass sie in der Suppe waren.“

Erheitert verdrehte Dannyl die Augen. „Dann werde ich dem Koch sagen, dass er dir demnächst ein separates eyomafreies Essen zubereitet.“

„Aus dem er die Eyoma vor dem Servieren höchstwahrscheinlich nur herausgenommen hat“, fügte Botschafter Salyk amüsiert hinzu, worauf der Gelehrte ihn mit einem finsteren Blick bedachte.

„Du hast Salyk gehört.“ Dannyl grinste. „Bleibt dir wohl nur das Brot als Alternative. Oder du hungerst.“

Tayend war alles andere als erfreut. Missmutig starrte er in seine Schale.

„Warum du nicht mögen Eyoma?“, fragte der Matrose, der behauptet hatte, Eyoma seien gesund. „Du schon probieren haben?“

„Ehrlich gesagt, nein“, antwortete Tayend.

„Dann du nicht Recht haben, Essen von Koch verurteilen. Du erst müssen probieren, bevor Essen schlechtmachen.“

„Mit Salz Eyoma sehr viel besser sein“, fügte sein Sitznachbar hinzu.

„Ich habe nicht …“, begann Tayend und verfiel in Schweigen, als Dannyl ihm eine Hand auf den Arm legte.

„Es tut mir leid, dass dir das Essen nicht zusagt“, sagte er. „Doch gib ihm wenigstens eine Chance. Unsere Mahlzeiten werden sehr eintönig werden, gehen die Vorräte erst einmal zur Neige.“

„Bei einigen Clans der Lonmar gelten Würmer und Insekten als Delikatesse“, sagte Salyk. „Für die meisten Fremden ist das noch gewöhnungsbedürftiger als ein See-Egel.“

Dannyl beugte sich zu seinem Freund. „Du kannst dich glücklich schätzen, dass Rassyks Clan und der Clan von Salyks Familie uns keine Würmer und Insekten bei Empfangsdinner serviert haben.“

Er nahm einen Löffel voll Eyoma, griff in die Schale mit dem groben Salz und streute eine Prise davon über seinen Löffel. „Siehst du, Tayend?“, sagte er, nachdem er sich den Löffel in den Mund geschoben hatte und sich ein fischiger Geschmack mit einer leicht nussigen Note auf seinem Gaumen ausbreitete. „Der Matrose hat recht. Mit Salz ist es gleich viel besser.“

Tayend wirkte noch immer nicht überzeugt. Dennoch tauchte er seinen Löffel erneut in den Eintopf und zog ihn mit einem Stück Eyoma wieder heraus.

„Sehr gut“, sagte Dannyl. „Und jetzt streust du etwas Salz darüber und isst es.“

Folgsam griff der Gelehrte in die Schale mit dem Salz und streute etwas davon über seinen Löffel. Mit zusammengekniffenen Augen und angewiderter Miene schob er sich den Löffel in den Mund. Dannyl beobachtete ihn dabei, seine Erheiterung nur mit Mühe unterdrückend.

„Und?“, fragte er, nachdem Tayend seinen Bissen hinuntergeschluckt hatte.

„Ich habe es mir widerwärtiger vorgestellt.“ Der Gelehrte griff nach seinem Becher mit Siyo, schüttete den Inhalt hinunter und schüttelte sich.

„Dann beglückwünsche ich dich zu deiner ersten kulinarischen Erfahrung mit Eyoma.“

„Nicht, dass mich das stolz machen würde, Auslandsadministrator“, murmelte Tayend.

Dannyl lachte leise. „Falls es dich tröstet: Es war auch für mich das erste Mal.“ Er sah zu Salyk.

„Für mich nicht“, sagte der Botschafter.

Dannyl sah auf. Bis zu diesem Tag hatte er nicht einmal gewusst, dass Seeleute Eyoma aßen. Doch unter den Vindo galten sie offenkundig als Delikatesse. „Wie kam es dazu?“

„Es war auf meiner Reise zur Gilde, als ich ein Junge war. Es war Winter wie jetzt auch und die Eyoma waren in Schwärmen unterwegs. Der Kapitän des Schiffes, auf dem ich war, beschloss, sie zu jagen und als Proviant zu nutzen, anstatt sein Schiff in Gefahr zu bringen.“

„Auf unserer ersten Reise nach Lonmar wurden wir von Eyoma angegriffen, aber keiner von der Besatzung dachte daran, sie zu essen.“

„Es darauf ankommen, welche Erfahrungen man haben gemacht“, sagte der Matrose. „Manche Eyoma lieber wollen töten als essen.“

„Das mit dem Töten kann ich nachvollziehen“, murmelte Tayend.

Nach dem Essen zerstreuten sich die Matrosen. Die eine Hälfte trat ihre Nachtschicht an, die andere legte sich in ihre Hängematten. Obwohl Dannyl vor dem Schlafengehen noch etwas vorhatte, verspürte er eine leise Enttäuschung. Er liebte die zotigen Seemannsgesänge, doch nicht jede Mannschaft hatte dran Freude.

„Ich glaube, der Eyoma ist mir nicht bekommen“, klagte Tayend auf dem kurzen Rückweg zu ihren Kabinen. Er stöhnte und stützte sich wankend an der Wand ab.

„Ich glaube vielmehr, dass es der Siyo war, mit dem du den Eyoma runtergespült hast.“

„Niemals! Ich hatte nur ganz wenig Siyo.“

Dannyl warf Salyk einen vielsagenden Blick zu. Der Botschafter von Lan wirkte erheitert.

„Komm“, sagte Dannyl. „Ich bringe dich in dein Quartier.“ Er fasste Tayends Arm und führte ihn die wenigen Schritte bis zu seiner Tür. „Ich heile dich“, fügte er hinzu. „Und ich will keine Widerrede hören.“

„Wie Ihr wünscht, Auslandsadministrator.“

Unter leisem Schnauben brachte Dannyl seinen Gefährten in dessen Kabine und setzte ihn auf das Bett. „Wenig Essen, aber Unmengen von Siyo trinken“, sagte er. „Und sich dann über Seekrankheit beschweren.“

Tayend ließ sich auf die Matratze sinken. „Das waren keine Unmengen.“

„Aber genug, um so eine zarte Gestalt wie dich außer Gefecht zu setzen, wenn du den ganzen Tag nichts anderes gemacht hast, als dich zu übergeben und das Essen zu bemäkeln.“ Den Protest seines Gefährten ignorierend, legte Dannyl seine Hand auf dessen Stirn und heilte die Übelkeit. Als er fertig war, hatte Tayends Miene sich sichtlich entspannt. „Und jetzt wird geschlafen“, sagte er streng. „Sonst bist du morgen noch unleidlicher.“

„Ich wäre weniger unleidlich, würdest du heute Nacht hierbleiben.“

Dannyl seufzte leise. „Es geht nicht, Tayend. Glaub mir, es gibt nichts, was ich mir lieber wünsche, doch wir reisen mit mehreren Lonmar, von denen einer uns möglicherweise nicht sehr wohlgesonnen ist.“

Er wollte nicht laut ansprechen, doch er traute Eloryk zu, ihre Beziehung gegen ihn zu verwenden – sei es, um seinen Ruf zu schädigen oder um ihn zu beschuldigen, einen schlechten Einfluss auf Laysa zu haben.

„Ich weiß“, erwiderte Tayend. „Aber es wäre trotzdem schön.“

„Sobald das hier vorbei ist“, versprach Dannyl.

„Und wenn wir in Imardin sind.“

„Ja.“ Dannyl beugte sich vor und küsste seinen Freund auf die Stirn. Dann erhob er sich und verließ die Kabine.

Draußen lehnte Salyk gegen die gegenüberliegende Wand des schmalen Ganges. Einen absurden Augenblick lang fragte Dannyl sich, ob und was er durch die Tür mitbekommen hatte. Als ihre Blicke einander begegneten und sich die Miene des Botschafters aufhellte, erkannte Dannyl, dass dieser in Gedanken gewesen war.

„Eloryk ist bei ihr“, sagte er.

„Soll er doch“, erwiderte Dannyl. „Er würde spätestens auftauchen, wenn wir alleine bei ihr wären.“

Auch am zweiten Tag ihrer Reise hatte Eloryk die Kusine seiner Frau unter Verschluss in ihrem Quartier gehalten. Es hatte indes bis zum Abend gedauert, bis Dannyl sich eine Strategie zurechtgelegt hatte, um Laysa an Deck zu bringen. Ein seekranker Tayend und Diskussionen mit Salyk hatten seine Aufmerksamkeit erfordert. Zudem war der Tag auf dem Schiff unerträglich heiß gewesen. Das würde besser werden, wenn sie das offene Meer erreichten, doch sie befanden sich noch immer im Golf von Jebem. Und Lonmar neigten dazu, die heißeste Zeit des Tages in ihren Behausungen zu verbringen.

„Wir machen es wie vereinbart“, sagte Dannyl, als sie vor der Tür von Laysas Quartier standen.

Salyk nickte und ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.

Er hat Spaß daran, erkannte Dannyl. Er verstand warum. Es war ein gutes Gefühl, seine Autorität als Diplomat der Gilde spielen zu lassen und das nicht nur dann, wenn es darum ging, das Gesetz anzuwenden. Zudem hatte Dannyl in den Jahren, die er in der Diplomatie tätig war, festgestellt, dass sich manche Dinge mit Humor besser ertragen ließen, wenn man über seine Arbeit nicht wahnsinnig werden wollte.

Der Botschafter aus Lan straffte sich, eine ernste Miene aufgesetzt, dann klopfte er.

„Herein!“, erklang Eloryks Stimme und Dannyl verspürte eine leise Verärgerung. Es mochte die Kultur der Lonmar sein, doch es war Laysas Quartier.

Salyk stieß die Tür auf trat ein. Seine unprofessionelle Verärgerung beiseiteschiebend folgte Dannyl ihm in das Innere der schmalen Kabine. Laysa saß auf dem Bett, Eloryk auf dem einzigen Hocker, beide hielten eine fast leere Schale mit Fischsuppe in den Händen.

„Guten Abend, Lord Eloryk“, grüßte er und schenkte dem Mädchen ein Lächeln. „Hallo, Laysa.“

„Guten Abend, Auslandsadministrator, Botschafter Salyk“, erwiderte Eloryk, während Laysa sich scheu verneigte.

„Der Auslandsadministrator und ich sind gekommen, um uns nach deinem Fortschritt in der Kontrolle zu erkundigen, Laysa“, sagte Salyk.

Laysa starrte den Botschafter an. Sie wirkte furchterfüllt und als müsse sie mit sich ringen.

„Laysas Kontrolle wird allmählich besser“, antwortete Eloryk für sie. „Am Anfang hat sie sich schwergetan, weil sie weiß, dass Magie unseren Frauen nicht zusteht. Sie wäre sie lieber los, als damit zu arbeiten.“

„Stimmst du dem Mann deiner Kusine zu, Laysa?“, fragte Salyk.

Das Mädchen warf einen furchterfüllten Blick zu Eloryk, dann nickte sie.

Salyk ging vor dem Mädchen in die Hocke. „Um deine Magie wieder loszuwerden, musst du lernen, sie zu kontrollieren“, sagte er. „Die Gilde kann nicht die Magie eines Magiers blockieren, der die Kontrolle noch nicht beherrscht. Ein Magier, dessen Magie blockiert wurde, ist nicht mehr in der Lage, auf diese zuzugreifen. Hat er die Kontrolle noch nicht erlangt, wäre das fatal.“

Lasyas Kulleraugen weiteten sich.

„Welche Übungen macht Lord Eloryk mit dir?“

„Die Übungen, die jeder Novize der Gilde lernt“, antwortete Eloryk.

„Also Atemübungen, Entspannungsübungen, die Grundlagen der Gedankenrede“, folgerte Salyk an Laysa gewandt. Dannyl bewunderte ihn dafür, wie er Eloryk überging. Er hätte diese Rolle selbst zu gern übernommen, doch er musste sich bis zu seinem Auftritt zurückhalten.

Das Mädchen nickte.

„Hast du auch schon gelernt, Dinge mit deinem Willen zu bewegen?“

„Nein, Mylord“, antwortete sie leise. „Ich …“

„Laysa lernt diese Übungen nicht“, schnitt Eloryk ihr das Wort ab. „Es ist unangemessen.“

Du willst doch nur, dass Laysa keinen Gefallen an ihrer Magie findet, dachte Dannyl verärgert. Er räusperte sich.

„Um die Kontrolle vollständig zu erreichen, muss Laysa ihre Magie auch auf diese Weise zum Einsatz bringen lernen“, sagte er. „Sie muss sie in all ihren Aspekten kontrollieren können, bis es so natürlich für sie ist, wie atmen. Ihr könnt Euch aussuchen, ob Laysa dies von Euch lernt, Eloryk, oder ob Botschafter Salyk oder meine Person dies übernehmen.“

Er konnte sehen, wie sehr der Mann damit rang, ein Mädchen in etwas zu unterweisen, was ihr seiner Meinung nach nicht zustand. Erst recht nicht, wenn ihr Lehrer ein Landsmann, der alles andere als die Werte seiner Kultur lebte, oder ein Fremder war.

„Also gut“, gab Eloryk schließlich nach. „Ich werde Laysa unterweisen.“

„Dann verstehen wir uns.“ Dannyl lächelte unverbindlich. „Ich überlasse es Botschafter Salyk, Laysas Fortschritte zu überwachen.“

„Mit Freuden, Auslandsadministrator“, sagte Salyk betont überschwänglich. Darunter nahm Dannyl jedoch wahr, dass er sich wahrhaft geehrt fühlte.

„Kontrolle erlernt man besser, wenn man sich wohl fühlt“, fuhr Dannyl fort. „In einer Situation, die Unbehagen oder Angst erzeugt, ist dies schwieriger.“

„Ich heile Laysa von ihrer Seekrankheit mehrmals pro Tag“, sagte Eloryk.

„Dessen bin ich gewiss. Doch für ihr seelisches Gleichgewicht sollte sie nicht den ganzen Tag in ihrer Kabine eingesperrt sein.“

„Laysa geht nicht an Deck.“

„Ob Laysa an Deck möchte, sollte ihre Entscheidung sein. Sie ist keine Gefangene.“ Dannyl nickte Salyk kaum merklich zu.

„Möchtest du gerne das Meer sehen, Laysa?“, fragte der Botschafter. „Dort kann man fliegende Fische und Anyi beobachten. Und du könntest lernen, wie ein Schiff funktioniert.“

Bei seinen Worten waren Laysas Augen trotz ihrer furchterfüllten Zurückhaltung aufgeleuchtet. Dannyl betrachtete sie nachdenklich. Dieses Mädchen hatte Träume und Sehnsüchte. Wenn sie ihre Magie blockieren ließ, in ihre Heimat zurückkehrte und den Mann heiratete, den Eloryk oder ihr Vater für sie auswählen würden, würden diese niemals in Erfüllung gehen.

Es spielte keine Rolle, ob er andere Kulturen als das akzeptierte, was sie waren und eine Einmischung nicht in Frage kam – manche Dinge waren einfach nur grausam.

Aber Dannyl brauchte sich nicht einzumischen, um etwas zu bewegen. Was Salyk ganz für sich gelungen war, konnte Laysa mit ein wenig Anreiz ebenfalls gelingen.

„Laysa wird weder das Meer noch fliegende Fische sehen oder lernen, wie ein Schiff funktioniert“, erklärte Eloryk schroff.

„Und darf ich fragen, wieso?“, fragte Dannyl. „Geht es nur darum, dass ihr diese Dinge verwehrt bleiben sollen, weil sie eine Frau ist, die zu gehorchen hat? Oder geht es um mehr?“

„Auf dem Deck sind fremde Männer.“

Das war also der Grund. Dannyl war nicht überrascht. „Das heißt, wenn diese Männer Laysa nicht sehen könnten, während sie sich auf Deck aufhält, würdet Ihr es erlauben?“

Er konnte sehen, wie Eloryk mit sich rang. Dannyl verkniff sich ein Lächeln. Er wusste, wann er gewonnen hatte.

„Ja.“

Dannyl lächelte. „Damit macht Ihr Laysa eine große Freude“, sagte er und zwinkerte dem Mädchen zu.

„Und wie stellt Ihr Euch vor, dass sie sich auf Deck aufhalten kann, ohne dass sie gesehen wird? Wollt Ihr sie mit Magie verstecken?“

„Nicht ganz. Zumal das für umhereilende Matrosen ungünstig wäre. Salyk und ich werden mit dem Kapitän sprechen.“ Er nickte Eloryk und Laysa zu. „Gute Nacht.“

„Ihr wart großartig, Auslandsadministrator“, erklärte Salyk, als sie wieder auf dem Gang waren und sich Laysas Tür hinter ihnen geschlossen hatte.

Ein warmes Gefühl breitete sich in Dannyl aus als würde er Siyo auf leeren Magen trinken. „Ohne Eure Unterstützung wäre ich nur halb so großartig gewesen“, erwiderte er.

Wenn Salyks Wangen noch dunkler werden konnten, dann wurden sie das in diesem Augenblick.

„Ich gebe eben noch Tayend bescheid“, sagte Dannyl. Er setzte ein schiefes Lächeln auf. „Das heißt, sofern er nicht schläft. In jedem Fall sollte ich nachsehen, ob er noch einmal geheilt werden muss.“

Salyks Lächeln drückte Zuneigung und Verständnis aus. „Tut dies. Gute Nacht, Auslandsadministrator.“

„Gute Nacht, Salyk.“

Sich fragend, ob der Mann nicht doch etwas vermutete, betrat Dannyl Tayends Quartier. Sein Gefühl sagte ihm jedoch, dass sie von Salyk nichts zu befürchten hatten. Entweder lag Tayend mit seiner Vermutung richtig oder Salyk hatte Verständnis, weil er wusste, wie es war in einem System zu leben, das die eigene Lebensweise ablehnte.

Zu seiner Überraschung war Tayend noch wach. Er saß aufrecht in seinem Bett und las im trüben Schein einer Öllampe in einem Buch.

„Solltest du nicht eigentlich schlafen?“, fragte Dannyl.

„Ich war noch nicht müde.“

„Vorhin warst du ziemlich betrunken.“

„Deine heilenden Hände haben dem abgeholfen, Auslandsadministrator.“ Tayend war indes anzusehen, dass es ihm noch nicht wieder vollständig gutging, und Dannyl beschlich der Verdacht, er habe sich absichtlich wachgehalten, weil er mit Salyk zusammen gewesen war. Er schüttelte den Kopf. In manchen Situationen verhielt Tayend sich überaus kindisch. Obwohl Dannyl diesen kindlichen Wesenszug an seinem Gefährten liebte, machte ihn das zuweilen anstrengend.

Diese Reise würde für uns beide vermutlich viel vergnüglicher verlaufen, wäre Salyk nicht bei uns, fuhr es ihm durch den Kopf. Aber sie waren auf Salyks Unterstützung bei diesem Fall angewiesen und Dannyl mochte und schätzte den Mann. Tayend musste damit leben.

Dannyl ließ einen Hocker zum Bett schweben und ließ sich darauf nieder. Dann legte er eine Hand auf Tayends Stirn und untersuchte ihn. „Du solltest wirklich schlafen“, sagte er.

„Ich bin noch immer nicht müde.“

„Ich werde deine Übelkeit noch einmal heilen, aber dann wird geschlafen.“

„Erzählst du mir, was bei deiner Aktion mit Salyk herausgekommen ist?“

„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Laysa darf nun an Deck.“ Dannyl grinste. „Salyk und ich hatten einfach die besseren Argumente.“

„Vergiss nicht, dass ein paar von mir stammen.“

„Und deswegen gebührt ein Teil des Ruhmes auch dir.“ Dannyl heilte seinen Gefährten. „Und jetzt schlaf. Sonst werde ich dich jedes Mal, wenn du morgen unleidlich bist, daran erinnern.“

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