Vom Gefühl ins Leere zu posten und wie es nun weitergeht

Disclaimer: Es besteht die Gefahr, dass ich mich mit diesem Artikel sehr unbeliebt mache, doch es ist an der Zeit, dass ich ehrlich darüber schreibe, wie es nach neun Jahren des Teilens meiner Geschichten in mir aussieht. Es ist nicht meine Absicht irgendwen anzugreifen, auch wenn es möglich ist, dass sich manch einer durch diesen Text angegriffen fühlen wird.

Zwei Monate sind ins Land gegangen, seit ich diesen Artikel geschrieben und das Veröffentlichen meiner Geschichten gestoppt habe. In dieser Zeit habe ich versucht, die Freude am Schreiben wiederzufinden und meine Geschichten wieder zu lieben. Falls ihr jenen Artikel nicht gelesen habt, tut es bitte jetzt.

Die Freude ist zurückgekommen und es sind neue Ideen für neue Projekte hinzugekommen, die zu schreiben ich kaum erwarten kann. Die Unsicherheit und die Selbstzweifel sind jedoch geblieben.

Als ich vor neun Jahren auf Fanfiktion.de anfing, lief es besser als ich mir jemals hätte träumen lassen. Damals hatte ich Angst, dass niemand meine Geschichte mögen würde. Doch dann erhielt ich sehr viel positives Feedback und darüber entstand ein reger Austausch mit einigen Lesern. Es tat gut, mich mit anderen Fans über meine Lieblingsbücher über meine Ideen dazu auszutauschen und zu erleben, dass ich die Herzen anderer Menschen mit diesen bewegen kann. Auf diese Weise habe ich meine heute beste Freundin kennengelernt.

Über die Jahre nahm das Feedback ab, und damit wurde auch der Austausch weniger. Die Selbstzweifel wurden größer. Eine Geschichte hat so sehr darunter gelitten, dass ich sie mehrfach pausieren lassen musste, weil ich das Gefühl hatte, in ein Vakuum zu posten. Diese Geschichte hat mir mehr bedeutet, als alles, was ich bis dahin geschrieben hatte. Sie war ein Teil meiner Seele. Sie wurde ignoriert. Ich wusste nicht, ob sie etwas taugt. Ich tappte diesbezüglich völlig im Dunkeln. Es fühlte sich an, als hätte ich zu viel von mir preisgegeben. Es tat so weh. Ich musste die Notbremse ziehen.

Immer wieder habe ich in diesen Pausen Kraft gesammelt, um es erneut zu versuchen. So wichtig war mir diese Geschichte. Irgendwann hatte ich Glück und die Geschichte fand Leser, die einen Wert in ihr gesehen haben. Für mich hatte das jedoch einen hohen Preis. Wie hoch, begreife ich erst jetzt.

Denn diese Phasen, in denen das Feedback auslieb, hinterließen Spuren. Regelmäßig aufkeimende Zweifel an meinem Können, die persistent wurden. Gelegentliche Ängste, meine Geschichten würden nichts taugen, die inzwischen so allgegenwärtig sind, dass die Phasen, in denen ich von ihnen überzeugt bin, sich wie übersteigertes Ego anfühlen. Denn auch bei meinen anderen Geschichten gab es Phasen, in denen Feedback fast bis vollständig ausblieb. Die Verunsicherung, das Gefühl eine schlechte Autorin zu sein, dass meine Ideen nichts taugen, dass meine Geschichten langweilig seien – kehrte mit aller Macht zurück. Jedes Mal. Ich habe es ertragen und versucht mit möglichst wenig Druck nach Feedback zu fragen. Manchmal hat das funktioniert. Es wurde jedoch immer weniger.

Ich tue mich schwer damit, explizit nach Feedback zu fragen. Schließlich wird das auf Fanfiktionde nicht gerne gesehen. Es wird als Erpressung und Reviewbettelei angesehen. Man soll gefälligst dankbar sein, wenn die Leser sich dazu herablassen, die eigene Geschichte zu kommentieren. Wenn ich es nicht mehr ausgehalten habe, habe ich trotzdem gefragt. Weil es immer noch besser ist, als es nicht versucht zu haben. Vielleicht hätte es geholfen, hätte ich häufiger und deutlicher gefragt. Vielleicht hätte es Leser vergrault oder unter Druck gesetzt. Ganz sicher hätte ich manchmal netter reagieren können; Umgang mit Kritik zu lernen ist wahrlich nicht leicht, wenn man hypersensibel ist und Ablehnung fürchtet. Doch vielleicht kann man erkennen, wohin diese toxische Einstellung der User in diesem Archiv führen kann.

Auf meine letzte veröffentlichte Geschichte erhielt ich nach einem recht vielversprechenden Anfang nur noch Feedback von meiner besten Freundin. Das ging über Monate so. Bemessen daran, wie viel Arbeit ich in diese Geschichte gesteckt habe, um Erzählstränge kompakter und konsistenter zu machen, bemessen daran, dass ich für diese Geschichte alle Register gezogen habe um sie besser als alle vorherigen Geschichten zu machen, hat das meinem Selbstwertgefühl den Rest gegeben.

Nun könnte man meinen, dass Feedback von einer Leserin besser ist als gar kein Feedback. Aber wenn man dieses Muster oft genug erlebt hat, die Flauten aushalten musste und zugleich gesehen hat, wie Klickzahlen, Favoriten und Reviewzahlen über Jahre kontinuierlich schwinden, spricht das eine deutliche Sprache. Wieder habe ich versucht, es auszuhalten, über Wochen, über Monate. Irgendwann konnte ich nicht mehr. Das Gefühl, in ein Vakuum zu veröffentlichen, dass niemand außer diesem einen Menschen meine Geschichten liebt und wertschätzt, dass ich nicht in der Lage bin, Menschen dauerhaft für meine Geschichten zu begeistern und ihre Herzen zu bewegen, war zu überwältigend. Wenn nur eine einzige Person mir signalisiert, dass meine Geschichten etwas taugen, kann ich das Veröffentlichen auch bleibenlassen. Dann brauche ich mich an echten Büchern gar nicht erst versuchen.

Ich habe das Hochladen eingestellt.

Ich wollte nie wieder etwas Hochladen. In den ersten Tagen dieser Entscheidung war ich wie gelähmt. Ich war überzeugt, niemals wieder schreiben zu wollen. All meine Ideen, meine Pläne für zukünftige Projekte, mein Traum eines Tages Bücher zu schreiben – plötzlich war alles nur noch Schrott, allenfalls tauglich für Badfics und Schundromane. Ich war kurz davor, den Ordner mit all meinen Schreibprojekten von meiner Festplatte zu löschen, so wie sämtliche Sicherungen, die ich angelegt hatte. Ich war ganz kurz davor, einen Schlussstrich unter meine 13 Jahre als Fanfiction-Autorin zu ziehen.

Dass dieser Fall eines Tages eintreten könnte, war mir seit Jahren bewusst, da der Trend der Resonanz auf meine Geschichten eindeutig war. Ich habe nur nicht damit gerechnet, wie hart mich das treffen würde.

Wie ich da rausgekommen bin, ist zu persönlich, um es zu erzählen.

Momentan schreibe ich in meinem sicheren Hafen. Für mich. Weil ich Ideen habe, die raus wollen. Weil ich mein aktuelles Projekt mehr liebe, als alles, was ich bisher geschrieben habe. Weil es mein Herz zum Singen und meine Welt verändert hat. Es ist mein Herzensprojekt. Meine beste Freundin ist der einzige Mensch, der meine Texte zu lesen bekommt. Ich weiß, dass, sobald ich diesen Hafen verlasse und mich mit meinem Geschichten nach draußen wage, es mir sehr schnell wieder sehr schlecht ergehen wird, wenn das Feedback erneut ausbleibt. Mein Selbstwertgefühl als Autorin liegt weitgehend in Trümmern. Daran wird sich so bald nichts ändern.

Mittlerweile geht ein Großteil meiner Energie dafür drauf, Krieg, Pandemie und Klimakatastrophe auszuhalten. Den Rest brauche ich zum Schreiben. Da ist kein Platz, um meine mentale Gesundheit zu riskieren, weil das, was ich liebe, nicht wertgeschätzt oder gar ignoriert wird. Nicht, wenn das Schreiben alles ist, was mich davor bewahrt, auf der Schwelle zu einer dystopischen Zukunft nicht den Verstand zu verlieren. Das ist es mir nicht wert.

Ich habe nie erwartet, dass jeder Leser jedes Kapitel reviewt. Ich habe nie ausführliche analytische Reviews erwartet (auch wenn diese das Beste sind, was einem Autor passieren kann). Ich weiß, dass das aus zahlreichen Gründen schon zu normalen Zeiten gar nicht möglich ist. Die Zeiten sind für uns alle anstrengend. Aber hin und wieder mal ein „Danke“ oder ein „deine Geschichte ist toll“ von dem einen oder der anderen zu lesen, hätte gegen das Gefühl geholfen, in ein Vakuum zu posten. Es hätte gegen die dunklen Gedanken geholfen, dass die Mehrheit der Leser meine Geschichten zusehends bestenfalls als „netten Zeitvertreib“ und schlimmstenfalls als „Schrott“ empfindet, es nur nicht traut es zu sagen. Es hätte geholfen, dass ich nicht das Vertrauen in mich als Autorin verliere.

Es kamen Reviews. Nachdem ich das Hochladen eingestellt habe. Da war der Schaden jedoch schon angerichtet. Ich schaffe es nicht, diese Reviews zu beantworten, weil ich nicht weiß, was ich antworten soll. Wenn ich eine drastische Maßnahme ergreifen muss, um herauszufinden, dass meine beste Freundin doch nicht der einzige Mensch auf der Welt ist, dem noch etwas an meinen Geschichten liegt, dann läuft etwas ganz gewaltig schief.

In Zeiten von Tiktok und Streamingdiensten, die es erlauben, eine Serie in einem Tag zu bingen, scheint es zu einer Selbstverständlichkeit geworden, kreative Inhalte zu konsumieren, ohne diese in irgendeiner Form zu würdigen. Dies scheint umso mehr zu gelten, wenn diese kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Es wird konsumiert, unreflektiert verworfen und sich dem nächsten Inhalt zugewandt. Wertschätzung gegenüber den Künstlern, die Unmengen ihrer Zeit, Arbeit und Herzblut in diese Inhalte gesteckt haben, um das bestmögliche Ergebnis der Welt zu zeigen, welches innerhalb kürzester Zeit weginhaliert wird, bleiben dabei auf der Strecke. Dass ich nicht die einzige bin, die darunter leidet, gibt mir Trost. Es hilft jedoch nicht gegen das, was es in mir anrichtet.

Ich verdiene kein Geld mit meinen Geschichten. Ich stelle das Ergebnis jahrelanger Arbeit kostenlos zur Verfügung, weil ich an Urheberrechte gebunden bin. Selbst, wenn man mit Fanfiction Geld verdienen könnte, könnte das nicht aufwiegen, was Feedback mir als Mensch und Autorin geben. Es ersetzt nicht die Gewissheit, dass jahrelange Arbeit, Herzblut, Frust und Tränen etwas wert waren. Es ersetzt nicht den Austausch, der so unendlich wichtig ist, um die eigene Leistung einzuschätzen und sich weiterzuentwickeln und bessere Geschichten zu schreiben. Es ersetzt nicht die Erfahrung, mit anderen Menschen über eine geteilte Leidenschaft in Dialog zu treten. Es ersetzt nicht das Gefühl, etwas bewirkt zu haben, andere Menschen glücklich gemacht zu haben. Es ersetzt nicht das Wissen, dass die Geschichten geliebt werden.

Ist es zu viel verlangt, als Künstler Feedback zu wollen? Ist es zu viel verlangt, zumindest hin und wieder mal von mehr als nur einer Person ein „Danke für deine Arbeit“ hören zu wollen? Ist es zu viel verlangt, dass die Menschen einem dafür, dass man sie mit der eigenen Kunst unterhält, etwas zurückgeben?

Man könnte meinen, dass es mich nicht mehr kümmern braucht, jetzt wo ich mit der Gilde abgeschlossen habe, jetzt wo meine alternative Fortsetzung zu Ende erzählt ist. Man könnte meinen, es spiele keine Rolle mehr, ob ich dazu noch Feedback erhalte, weil ich inzwischen in einem anderen Fandom schreibe. Aber das ist ein Trugschluss. Meine Fortsetzung zur Gilde ist nichtsdestotrotz das Ergebnis jahrelanger Arbeit und Herzblut. Sie ist etwas, das ich als Autorin geleistet habe. Natürlich bringt mir Feedback dazu etwas. Es spielt keine Rolle, wie alt eine Geschichte ist. Aus Feedback kann man immer etwas lernen. Es erlaubt mir, die Geschichte zu verbessern. Es erlaubt mir, in Zukunft bessere Geschichten zu schreiben.

Ein Autor, der kein Feedback erhält, ist schlichtweg gearscht. Man erhält keine Antwort auf essentielle Fragen wie z.B.: Sind die Charaktere authentisch? Sind sie in-character? Ist die Geschichte spannend? Ist sie lustig? Rührend? Hat sie Logikprobleme? Bedient sie schädliche Stereotype? Ist irgendetwas unverständlich? Jeder Mensch liest anders, legt auf andere Dinge wert, nimmt andere Dinge wahr. Ein Spektrum von Meinungen hilft einzuschätzen, wie die Geschichte ankommt und woran man arbeiten muss. Diese Erfahrung hatte ich schon lange nicht mehr.

Es geht nicht darum, „weiterzuschreiben“ oder etwas „fertigzuschreiben“. Die unveröffentlichten Teile von „Das Erbe 2“ sowie das komplette „Das Erbe 3“ sind fertig geschrieben. Sie müssen nur überarbeitet werden. Aber mir fehlen die Motivation und die Kraft, diese sehr zeitintensive Überarbeitung zu beginnen, wenn ich doch nur in ein Vakuum hinein poste. In mir ist aktuell keine Bereitschaft vorhanden, diese Kraft in absehbarer Zeit noch einmal aufzubringen.

Diese Problematik ist nicht projektbezogen, sie betrifft mich als Autorin. Und damit wirkt sie sich auf mein Herzensprojekt aus. In dem einen Jahr, seit ich dieses Projekt begonnen habe, wurde dieses zur intensivsten Geschichte, die ich je geschrieben habe. Auch dieses Projekt ist ein Teil meiner Seele und das sogar viel mehr als alle meine bisherigen Projekte. Dementsprechend ist das Risiko größer, verletzt zu werden. So auch ist meine Angst umso größer, dass auch dieses Projekt kein Feedback erhält. Dass es nicht geliebt wird. Dass ich zu viel von meiner Seele preisgegeben habe. Ich hatte mich so darauf gefreut, es zu veröffentlichen. Ich konnte es kaum erwarten. Jetzt erfüllt es mich mit Grauen.

Solange ich das Vertrauen in meine Fähigkeiten als Autorin nicht wiederfinde, solange ich nicht sicher sein kann, dass meine Geschichten wertgeschätzt werden (und nein, nachträgliche Beteuerungen sind kontraproduktiv), werde ich keine Geschichten mehr veröffentlichen. Vielleicht machen anderen solche Situationen weniger aus. Vielleicht können sie besser damit umgehen. Ich kann es leider nicht.

Für die schönen Erfahrungen, die ich besonders in der Anfangszeit aber auch später auf Fanfiktion.de gemacht habe, bin ich sehr dankbar. Ich wünschte, es wäre so weitergegangen. Ich wünschte, ich wäre resilienter.

Meine Geschichten bleiben natürlich online. Vielleicht sticht mich eines Tages der Hafer und ich lade den Rest in einem Rutsch hoch. Das kann ich jedoch nicht versprechen.

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