Es ist Anfang April und alles ist anders. Nicht nur, weil wir uns mitten in einer Pandemie befinden, die weite Teile des Lebens lahmlegt und ich deswegen die 3. Woche im Home Office arbeite. Ich habe mich entschieden, diesen Monat nicht am Camp-NaNoWriMo teilzunehmen. Und sehr wahrscheinlich auch nicht an weiteren Schreibcamps.
Und das hat nichts mit Covid-19 zu tun, sondern war ein mehrmonatiger Entscheidungsprozess, der vor wenigen Tage zu seinem Ende gekommen ist.
Meine Planung hat sich verschoben
Als ich 2014 mit den Schreibcamps anfing, habe ich nur im Black Magician Universum geschrieben. Es war leicht, meine Langzeitplanung so zu gestalten, dass ich im Juli-Camp eine kürzere Fanfiction schreibe, deren Rohfassung ich in dieser Zeit auch schaffen kann, und im Herbst an einer längeren Fanfiction mit einem Höhepunkt im November arbeite. Der April war immer ein Überarbeitungs-Camp. In den übrigen Monaten habe ich ebenfalls überarbeitet und an der längeren Fanfiction weitergeschrieben.
2017 kam ohne lange Vorwarnung mein englisches Projekt hinzu. Die Juli-Camps waren gerade frei geworden, da ich mit der Rohfassung der Schwarze-Sonnen-Trilogie durch war. Damit bot sich der Sommer an, um das andere Projekt vorwärtszutreiben. Worauf ich nicht vorbereitet war, waren die endlosen Überarbeitungsdurchläufe, die nur wenig damit zu tun haben, dass Englisch nicht meine Muttersprache ist.
Irgendwie geriet meine ganze Planung damit nach und nach aus den Fugen.
In den letzten Jahren habe ich mich häufig geärgert, dass meine Schreiburlaube mehr in einen Überarbeitungsurlaub oder ein Zuarbeiten für das nächste Schreibcamp verkamen. Natürlich hätte ich meinen Urlaub auch einfach während eines Schreibcamps nehmen können, das tue ich aber bewusst nicht. Meine Urlaubsplanung hängt von Faktoren ab, die mit Jahreszeiten und Feiertagen zu tun haben. Außerdem brauche ich keine zusätzlichen freien Tage, um in einem Schreibcamp-Monat auf 200k oder mehr zu kommen. Nein, Urlaube sollen Zeiten außerhalb dieser Camps sein, in denen ich mich für eine oder zwei Wochen komplett isoliere und schreibe.
Da ich mit Stress reagiere, wenn ich eine laufende Arbeit unterbrechen muss, habe ich immer versucht, eine Überarbeitung oder eine Rohfassung zu beenden, bevor das nächste Camp anfängt, so dass ich nicht zu häufig zwischen den Projekten hin und her switchen muss. Deswegen fielen Überarbeitungen immer häufiger in meine Urlaubszeit, was mich gestört hat, weil der Urlaub zum Schreiben da ist. Oft habe ich mich damit auch überarbeitet, um meine selbstgesteckte Deadline zu erreichen, mit der Zeit wurde das jedoch zunehmend schwieriger.
Andere hätten vielleicht die Überarbeitung für ein Schreibcamp einfach unterbrochen, aber da mein Hirn die Flexibilität eines Schweröltankers auf Hochsee hat, mache ich das nur ungern. Es braucht eine Weile, um in eine Welt reinzukommen und wenn ich dann einmal dort drin bin und mich entfalte, braucht es ebenso lange, um dort sauber wieder rauszukommen. Einzige Ausnahme: Ich überarbeite ein Projekt schon so lange, dass ich eine Pause brauche, weil ich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehe.
Diese Überlegungen trage ich schon länger mit mir herum, ich habe mich jedoch gesträubt, mit meiner NaNo-Tradition zu brechen.
Dann kam das große Redesign …
Das unsägliche Redesign der NaNoWriMo-Seite
Wie sehr ich mich über das Redesign geärgert habe, habe ich schon in meinem Blogartikel Der stille NaNoWriMo ausführlich erläutert. Ein törichter Teil von mir hatte gehofft, es würde bei dem Redesign der Hauptseite bleiben, obwohl die Anzeichen im Herbst schon da waren:
Die Seite campnanowrimo.org mit dem tollen Retro Look&Feel und den Cabins existiert nicht mehr!
Stattdessen wird man nun mit Gruppenchats auf der Hauptseite getröstet und diese sind auch nicht mehr auf ein Camp beschränkt, sondern laufen, solange man will. Auch können Projekte auch außerhalb der Camps existieren. Darüber hat das ganze Konzept für mich seinen Sinn verloren. Ich brauche keine Webseite, um meine Projekte zu verwalten, und ich will auch nicht zwölf Monate lang NaNo haben, auch wenn es in neun dieser Monate nicht so heißt.
Das Konzept hat seine Einzigartigkeit, seinen Charme verloren – das, was es für mich so besonders gemacht hat.
Wie toll war es, sich ein paar Wochen vor Camp-Beginn einzuloggen, seine Cabin zu gründen und dem Start entgegenzufiebern! Wie groß und süß war der Abschiedsschmerz aus der Cabin nach einem Monat gemeinsamem Schreiben und Leiden! Wie großartig war das Gefühl, sich im Oktober wieder auf die Hauptseite einzuloggen und sich im Forum (das damals noch übersichtlich und intiuitiv war) mit den anderen auszutauschen und auf den November zu freuen.
Ich muss gestehen, dass ich es nicht einmal ausprobiert habe. Denn mir war schon im Herbst klar, dass wenn die Cabins in ihrer alten Form abgeschafft werden, dann bin ich raus.
Ich bin es müde, mich an eine Welt anzupassen, von der ich das Gefühl habe, dass sie nicht für mich gemacht ist und die sich zusehends in eine Richtung entwickelt, die mir noch fremder ist. Ich mag keine Veränderungen, die bewirken, dass ich mich plötzlich nicht mehr zurechtfinde. Ich muss mich schon im Job andauernd anpassen und das kostet Kraft. Ich muss nicht bei allem mitmachen und mich mit Dingen rumschlagen, die mir nicht liegen und die ich als unzumutbar empfinde, nur um dazuzugehören oder dabei zu sein.
Ja, ich vermisse die alten Zeiten. Und das, obwohl ich mich oft im Laufe des Camps für eine Weile aus meiner Cabin zurückgezogen habe, weil ich mich nur auf meine Story fokussieren wollte. Das, was den NaNo und die Camps so besonders gemacht hat, existiert nicht mehr und damit fällt es mir auch nicht schwer, der ganzen Sache den Rücken zu kehren. In dieser Hinsicht bin ich sehr pragmatisch.
Wenn ich durch diese Entscheidung meine Zeiteinteilung so gestalten kann, sie besser mit meinen Urlaubszeiten harmoniert, gewinne ich dadurch. Wenn es mich im Juli oder November überkommt, >200k zu schreiben, kann ich an den Word-Sprints auf Twitter teilnehmen. Ich bekomme dann eben nur keine Urkunde und keine Social Media Badges (und mal ernsthaft: wozu brauche ich die außer um sie auf meinem Blog zu posten?). Denn das Verlangen, mich für ein paar Wochen so intensiv auf ein Schreibprojekt zu fokussieren, ist ein inhärenter Teil von mir, der auch weiterhin da sein wird. Word-Sprints rund um die Uhr sind dabei sehr willkommen, weil sie meinem Fokus schärfen.
Vielleicht entscheide ich auch irgendwann, doch wieder bei dem ganzen Spektakel mitzumachen. Doch das wird nur passieren, wenn ein Redesign zum für mich Positiven stattfindet oder der Anlass die Unannehmlichkeiten aufwiegt.
Hallo liebe Lady Sonea,
Oje, da ist aber mal wieder ganz schön was los bei dir; viel Wandel, der von außen kommt. Auch hier kann ich wieder nur sagen: Ich verstehe dich. Und es tut mir sehr leid für dich. Du scheinst sehr pragmatisch und abgeklärt damit umzugehen, aber ich kann mir auch vorstellen, dass es für einige Zeit in dir gearbeitet hat und auch viel Kraft gekostet hat, zu dieser Entscheidung zu kommen. Bei dem, was du beschreibst, kann ich deine Entscheidung sehr gut nachvollziehen.
Ich habe mal eine ähnliche Erfahrung mit einem Forum gemacht, in dem ich SEHR aktiv war. Plötzlich wurde es woanders gehostet, eine neue Software wurde genutzt, das Design (selbst das Header Bild) wurden erneuert. Das hat mich sehr überrumpelt und aus der Bahn geworfen. Es fühlte sich auf einmal nicht mehr wie zu Hause an und es war danach nie wieder das Gleiche. Sowohl ich selbst war viel weniger aktiv, aber auch viele Nutzer haben diesen Umzug damals nicht mitgemacht, was natürlich auch ein Einschnitt ist, weil bestimmte Personen und der Austausch mit ihnen fehlt.
Naja, das Leben geht weiter, oder? Ich finde, du hast dir jedenfalls einen sehr guten Plan zurecht gelegt und bist ja auch ausreichend gefestigt und autark, dass du die NaNoWriMo nicht zwingend brauchst.
Hauptsache, du verlierst die Lust am Schreiben nicht! <3
Liebe Grüße
Nika
Hallo liebe Nika,
Du sprichst mir aus der Seele! <3 Das, was du mit dem Forum beschreibst, dieses Gefühl, dass es sich nicht mehr wie zuhause anfühlt, genau so ergeht es mir mit dem NaNoWriMo. Plötzlich fand ich mich nicht mehr zurecht und das war eine Katastrophe. Als ich das letztes Jahr festgestellt hatte, war es schon fast November und selbst wenn ich gewollt hätte, wäre es zu spät gewesen, meine Pläne umzuwerfen. Ich konnte jedoch Trost daraus ziehen, dass es anderen Autoren, die sich mit ähnlichen Dingen schwertun wie ich, ähnlich erging.
Ich weiß noch, wie vor ein paar Jahren Fanfiktion.de ebenfalls einen Redesign gemacht hat. Damals gab es großes Geschrei von einigen Usern, obwohl die Änderungen gar nicht so gravierend waren. Es ging hauptsächlich um Optik, es war noch alles an seinem Platz und es wurden auch keine Konzepte umgeworfen. Ich selbst war nicht sehr unglücklich mit der Umstellung, weil die Beiträge im Forum auf einmal durch schlechteren Kontrast kaum noch zu unterscheiden waren und mich das irritiert hat. Doch mit dem Redesign kamen auch ganz viele Farbvorlagen, die man sich im Benutzerprofil einstellen kann, und da habe ich das alte Design gewählt, mit dem alles fast wieder so wie früher aussah. Leider sind nicht alle Plattform-Betreiber so umsichtig.
Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich schon länger (mindestens 2 Jahre) darüber nachgedacht, ob ich weiterhin NaNoWriMos machen soll, weil die Intervalle nicht mehr so gut zu meinem eigenen Schreib- und Überarbeitungsfortschritt verschiedener Projekte gepasst haben und äußere Faktoren wie mein Burnout vor zwei Jahren oder berufliche Veränderungen meinen Fortschritt noch mehr in die Länge zogen, so dass ich meine ursprüngliche Planung nicht mehr aufrechterhalten konnte. Dazu kam, dass ich mich schreibtechnisch mittlerweile auf Neuland befinde und dort noch keine effiziente Vorgehensweise gefunden habe, das würde hier aber zu weit führen 😉 Insgesamt hat das auch alles zu Frustrationen geführt, die meiner Kreativität nicht förderlich sind. Daher ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass dieses unsägliche Redesign meiner Entscheidung den Rest gegeben hat.
Schreiben werde ich auf jeden Fall auch weiterhin, so wie ich es vor den Schreibcamps auch getan habe, aber ich denke, dass ich damit auch die Voraussetzungen schaffe, um wieder motivierter ans Werk zu gehen.
Liebe Grüße,
Lady Sonea